Stellungnahme der BAGFW zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN Versorgungslücke nach Krankenhausaufenthalt und ambulanter medizinischer Behandlung schließen/ Drs. 17/2924

Die Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN greift in ihrem Antrag ein wichtiges Thema zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung auf. Nach den gesetzlichen Änderungen im Krankenhausbereich ist es bisher versäumt worden, komplementäre Änderungen im ambulanten Bereich anzuschließen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN greift in ihrem Antrag ein wichtiges Thema zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung auf. Nach den gesetzlichen Änderungen im Krankenhausbereich ist es bisher versäumt worden, komplementäre Änderungen im ambulanten Bereich anzuschließen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege unterstützt daher die Vorschläge des Antrags insbesondere zu § 37 SGB V und nimmt wie folgt Stellung:

 

Ambulante Versorgungslücke in § 37 Abs. 1 SGB V

 

Problem:

 

In unserer Praxis begegnet uns seit Jahren das Problem, dass Versicherte nach einem Krankenhausaufenthalt, aber auch nach einer ambulanten Therapie, z.B. Chemotherapie, einen hohen Bedarf an grundpflegerischer und hauswirtschaftlicher Versorgung haben. Da dieser Bedarf kurzfristiger Natur ist und nicht die Dauer von mindestens sechs Monaten übersteigt, haben diese Versicherten keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XI. Für einen entsprechenden Leistungsanspruch aus dem SGB V fehlt die rechtliche Grundlage.

Bewertung:

 

Der Anspruch auf Häusliche Krankenpflege (HKP) umfasst im Einzelnen zwar neben der Behandlungspflege auch die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Eine Verordnung von Grundpflege und/oder hauswirtschaftlicher Versorgung ohne Behandlungspflege ist jedoch nur als Krankenhausvermeidungs- und -verkürzungspflege möglich. Rechtsgrundlage hierfür ist § 37 Abs. 1 SGB V. Aufgrund der Einführung der Fallpauschalen hat sich jedoch die Verweildauer im Krankenhaus so verkürzt, dass die Grundlage für eine Krankenhausverkürzungspflege weitgehend bis gänzlich entfallen ist. Darauf weist der vorliegende Gesetzesantrag zu Recht hin. Durch die Einführung der DRGs gibt es kaum noch Fälle von Krankenhausvermeidungspflege. Die Regelungen des § 37 Abs. 1 SGB V laufen daher faktisch ins Leere. Dennoch ist gerade die Verkürzung der Verweildauer und eine entsprechende frühzeitige Entlassung aus dem Krankenhaus Grund für das Entstehen einer Versorgungslücke im Übergang vom Krankenhaus in den ambulanten Bereich. Diese Versorgungslücke bezieht sich auf die Phase der Krankenhausnachsorge.

 

Eine vergleichbare Versorgungslücke entsteht auch durch die zunehmende Verlagerung von Krankenhausbehandlung in den ambulanten Bereich. Diese Entwicklung, die im Grundsatz aus Patientensicht sehr zu begrüßen ist, führt in der Praxis dazu, dass Patienten/innen nach ambulanten Operationen nach Hause entlassen werden, sich aufgrund des Eingriffs jedoch nicht selbst pflegen und versorgen können. Vergleichbare Konstellationen treten aufgrund von aufwendigen ambulanten Behandlungen mit erheblichen Nachwirkungen, wie z.B. nach Chemotherapie, auf. Auch in diesem Fall sind die Patienten/innen in der selbstständigen Bewältigung der Alltagserfordernisse sowie in ihrer Selbstpflege erheblich eingeschränkt. Sie bedürfen der Unterstützung durch Leistungen der Grundpflege und/oder hauswirtschaftlichen Versorgung, je nach Einzelfall. Wenn die Versicherten keine entsprechende Unterstützung durch Familienangehörige, Freunde oder Nachbarn haben oder sich den Einkauf entsprechender Dienstleistungen finanziell nicht leisten können, tritt Unterversorgung ein. Diese Situation tritt vor allem bei Menschen, die in Singlehaushalten leben, ein. Betroffen sind auch ältere Menschen in Paarhaushalten, sofern der nicht in Behandlung befindliche Partner die entstandene Lücke aufgrund eigener gesundheitlicher Einschränkungen nicht kompensieren kann.

Wir unterstützen daher den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN uneingeschränkt.

 

Lösungsvorschlag:

 

§ 37 Abs. 1 S. 1 SGB V (Krankenhausvermeidungspflege) wird, wie folgt, erweitert:

 

„Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird sowie nach Krankenhausaufenthalt, nach ambulanter Operation oder nach ambulanter Krankenbehandlung, wenn dies für den Heilungs- und Genesungsprozess erforderlich ist. Die häusliche Krankenpflege umfasst die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung; erforderliche grundpflegerische und hauswirtschaftliche Leistungen werden auch ohne behandlungspflegerischen Bedarf gewährt. Die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu verordnen.“