Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW) zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Förderalismusreform - Einführung eines Wohn- und Betreuungsv

Die BAGFW bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gesetzentwurf des WBVG.

I.          Einleitung

 

Die BAGFW bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gesetzentwurf des WBVG. Im Folgenden wird zunächst auf die Fragen des Fragenkatalogs eingegangen. Im Übrigen verweisen wir auf die ausführlichere Stellungnahme unter Ziffer III, in der zu allen als kritisch betrachteten Vorschriften in der Reihenfolge der Paragrafen Vorschläge unterbreitet werden.

 

II.       Fragenkatalog

 

1.       Wie bewerten Sie die Regelungen des Gesetzentwurfs unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes?

 

Die Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform noch in dieser Legislaturperiode wird begrüßt. Eine Integration der Regelungen ins BGB wäre allerdings zu bevorzugen, um Normenklarheit herzustellen und abgestufte Regelungen ausgehend vom allgemeinen Schuldrecht zu entwickeln. Der Gesetzentwurf ist dennoch eine Grundlage, um in der noch verbleibenden Zeit zu einer tragfähigen Lösung zu kommen. Verbraucherschutz bedeutet in diesem Zusammenhang rechtliche Klarheit und Transparenz. Dieses Ziel ist noch nicht in allen Teilen des Gesetzentwurfs erreicht.

 

2.       Welche Auswirkungen wird dieses Gesetz auf die derzeitigen Heimbewohnerinnen und Heimbewohner haben? Müssen alle 709.000 in Heimen lebenden Menschen nach Inkrafttreten des Gesetzes einen neuen Heimvertrag abschließen?

 

§ 17 WBVG-E sieht vor, dass auf bestehende Heimverträge i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 HeimG, die vor dem 1. Sept. 2009 geschlossen worden sind, die zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes Anwendung finden sollen. Ab dem 1. April 2010 sind die Verträge nach dem WBVG-E anzupassen und die Bewohner vorab gem. § 3 WBVG-E zu informieren.

 

Dem Grunde nach müssen danach alle bestehenden Heimverträge, die bis zum 1. Sept. 2009 geschlossen wurden, zum 1. April 2010 umgestellt und vorher rechtzeitig darüber informiert werden, was bei den Einrichtungen einen erheblichen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen und bei Bewohner/innen eher zu Verunsicherung führen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Menschen, die in  Behindertenhilfeeinrichtungen leben, von der Vertragsumstellung betroffen sind. Daher schlagen wir vor, die Übergangsfrist von 6 Monaten auf 12 Monate zu verlängern.

 

3.       Inwiefern können die Regelungen des WBVG-E zu vorvertraglichen und vertraglichen Informationspflichten und zum Vertragsinhalt den Verbraucherschutz für pflege- und betreuungsbedürftige Personen im Alltag tatsächlich verbessern?

 

Eine Verbesserung des Verbraucherschutzes kann nur erreicht werden, wenn die Regeln verständlich und transparent sind und einen allseits anerkannten Interessenausgleich zwischen Verbrauchern und Unternehmern herbeiführen. Dafür dürfen insbesondere in Notsituationen durch die Informations- und Vertragspflichten keine unüberwindbaren Hürden errichtet werden, die den Zugang zu den Hilfsangeboten erschweren könnten. Im Einzelnen sei auf Folgendes hingewiesen:

 

a)      Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Informationspflichten

 

Gesetzentwurf:

Nach § 3 Abs. 4 kann der Verbraucher bei Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß den Absätzen 1 bis 3 jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 kündigen.

 

Bewertung:

Grundsätzlich sind die Regelungen zu den Informationspflichten der Unternehmen im Sinne der Gewährleistung von Leistungstransparenz und als Voraussetzung selbstbestimmter Entscheidungen der Verbraucher zu begrüßen. Unverhältnismäßig sind jedoch die Rechtsfolgen in § 3 Abs. 4. In vielen Fällen wird die umfassende Informationspflicht in der Praxis nicht einzuhalten sein. Ist beispielsweise ein geschäftsunfähiger oder dementiell erkrankter Verbraucher nach einem Krankenhausaufenthalt rasch in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung aufzunehmen und ist zu diesem Zeitpunkt noch kein Betreuer oder Bevollmächtigter bestellt, kann die erforderliche Information nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden. In solchen Fällen ist ein sofortiges fristloses Kündigungsrecht des Bewohners unbillig. Der Bewohner ist durch die allgemeine Kündigungsmöglichkeit gemäß § 11 Abs. 1 hinreichend geschützt.

 

Lösungsvorschlag:

Die Rechtsfolgen von § 3 Abs. 4 werden auf die Kündigungsfristen nach § 11 Abs. 1 beschränkt.

 

b)      Leistungs- und Entgeltveränderungen

 

Gesetzentwurf:

Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 gehört zur Information über die für den Verbraucher in Betracht kommenden Leistungen auch die Darstellung der Voraussetzungen für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen.

 

Bewertung:

Als „Voraussetzung“ für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen kommen prinzipiell viele vorhersehbare, aber auch nicht vorhersehbare Ursachen und Umstände im Einzelfall in Frage. Diese mögen in der Person des Heimbewohners, aber auch in der Institution der Einrichtung begründet sein. Die Darstellung der Voraussetzungen für Leistungs- und Entgeltveränderungen sollten daher im Einklang mit der Gesetzesbegründung auf die Vertragsanpassung bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs beschränkt werden.

 

Lösungsvorschlag:

§ 3 Abs. 3 Nr. 4 ist wie folgt zu ergänzen:

„der Voraussetzungen für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen gemäß § 8 Abs. 1 und 2“.

 

4.       Sollte aus Ihrer Sicht im Gesetz die Selbstständigkeit der Personen (bspw. ein Recht auf eigenen Hausschlüssel/Recht auf gleichgeschlechtliche Assistenz/ Erlaubnis für Arbeitsassistenz- und Blindenhunde/ uneingeschränktes Besuchsrecht / Kontaktmöglichkeiten zum Heimbeirat / nachteilsfreie Beschwerdemöglichkeiten für angestellte Pflegekräfte klar geregelt werden?

 

Der vorgelegte Gesetzentwurf dient der Regelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform. Die Regelung ordnungsrechtlicher Fragen obliegt den Bundesländern. Die leistungsrechtlichen Fragen sind in den einzelnen Leistungsgesetzen zu verankern. Die aufgeführten Beispiele sind im Wesentlichen ordnungsrechtlichen oder leistungsrechtlichen Bereichen zuzuordnen, so dass von einer Regelung im Kontext des Vertragsrechts Abstand zu nehmen ist. Sie würde wegen der möglichen Gesetzeskonkurrenzen auch nicht zur Klarheit beitragen.

 

5.       Welche allgemein rechtlichen, über die im Gesetz hinausgehenden Regelungen ergeben sich durch den Wechsel von der Bezeichnung als „Bewohner/in“ im Heimgesetz zur Verbrauchereigenschaft nach § 13 BGB?

 

Erstmals werden in dem Gesetzentwurf zur Beschreibung der Vertragspartner die Begriffe Verbraucher und Unternehmer eingeführt. In der Begründung wird dabei ein Bezug zu §§ 13 und 14 BGB hergestellt. Die Regelungen sind im BGB im Kontext des EU-Rechts eingeführt worden. Es wird bezweifelt, ob die Übernahme der im BGB definierten Begriffe in dem beschriebenen Rechtsverhältnis zur Klarheit beitragen kann. Wenn davon ausgegangen wird, dass der Anwendungsbereich wie sonst im Zivilrecht im Ansatz die Beschreibung eines Vertragstypus beinhaltet, ist es auch im Kontext der Beschreibung der anderen besonderen Schuldverhältnisse üblich, Begriffe zu verwenden, die einen Bezug zum beschriebenen Schuldverhältnis haben. So wird im Mietrecht zum Beispiel von Mieter und Vermieter, im Recht der Geschäftsbesorgung von Auftragnehmer und Auftraggeber usw. gesprochen. Das Heimgesetz spricht bisher von Bewohner/innen und den Trägern der Einrichtung. Diese Wortwahl wurde auch in den meisten neuen „Heimgesetzen“ der Bundesländer bzw. deren Entwürfen übernommen (s. z.B. Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Saarland, Nordrhein-Westfalen; eine Ausnahme bildet Berlin, in dem für die Bewohner das Wort „Menschen“ verwandt wird). Bereits durch die Begriffswahl wird in der Regel deutlich, worum es geht. Davon wird hier durch die Einführung der Begriffe Verbraucher und Unternehmer abgewichen. Sollte mit der Begriffswahl ein Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschaffen werden, wäre dies auch mit einem Hinweis auf die Anwendbarkeit von § 310 Abs. 3 BGB möglich.

 

Es wird daher vorgeschlagen, anstatt von Verbrauchern und Unternehmern von Bewohnern und Trägern zu sprechen.

 

6.       Im Referentenentwurf des WBVG wurde älteren Menschen, die in Wohnformen leben, bei denen Wohnraum mit der Erbringung, Vorhaltung und Vermittlung von Pflege- und Betreuungsleistungen verbunden ist, ein weitreichender Schutzbedarf zugebilligt. Inwiefern sehen Sie im jetzigen Gesetzentwurf des WBVG den Verbraucherschutz für ältere Menschen in Wohnformen in den oben benannten Wohnformen noch berücksichtigt?

 

In dem Referentenentwurf wurde die Vermittlung von Pflege- und Betreuungsleistungen und nicht die Erbringung und Vorhaltung derselben in den Anwendungsbereich aufgenommen. Weggefallen ist in dem aktuellen Gesetzentwurf nur die Vermittlung.

 

Die Wohnformen des sog. „betreuten Wohnens“ gehörten bereits nach den derzeit gültigen Regelungen des Heimgesetzes nicht zum Anwendungsbereich. Dadurch hat sich eine vielfältige Angebotslandschaft entwickelt, die durch die vorliegende Gesetzesinitiative nicht behindert  werden sollte. Der Verbraucherschutz für ältere Menschen in den genannten Wohnformen wird ausreichend u. a. über die zivilrechtlichen Regelungen z.B. im BGB geschützt.

 

7.       Wie bewerten Sie die Regelungen zum Anwendungsbereich?

 

Die Schaffung eines besonderen Gesetzes für Wohn- und Betreuungsverträge bildet die aktuellen Diskussionen in der Eingliederungshilfe zum Thema „Inklusion“ und „UN-Konvention“, die ähnlich auch in der Pflege geführt werden, nicht ab. Die aktuellen fachlichen Konzepte in der Eingliederungshilfe zur Teilhabesicherung und der Pflege zielen darauf, den Leistungsberechtigten ein selbstbestimmtes Leben in einem normalen Wohnumfeld zu ermöglichen. Ziel ist die Aufhebung von Sonderwelten, um durch Inklusion behinderte und pflegebedürftige Menschen zu gleichberechtigten Mitgliedern der Gesellschaft hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten zu machen. Es soll weder eine rechtliche Bevorzugung noch Benachteiligung erfolgen. Getragen von dem Verbraucherschutzgedanken hat der Gesetzentwurf das Schutzinteresse der Bewohner hier dem Inklusionsgedanken vorangestellt.

 

Es ist nicht Aufgabe dieses Gesetzgebungsverfahrens, ein allgemeines Senioren-Verbraucherschutzgesetz zu schaffen. Vielmehr geht es wie im bisherigen Heimgesetz darum, einen gesteigerten Verbraucherschutz zu gewährleisten für Personen, die sich in eine besondere institutionelle Abhängigkeit begeben. Außerdem geht es darum, ausbalancierte Regelungen für den typengemischten „Heimvertrag“ zu schaffen bzw. zu erhalten.

 

Unabhängig davon bedarf die Definition des Anwendungsbereichs zur Sicherstellung von Transparenz und Verlässlichkeit an einigen Stellen noch der Klarstellung. Hingewiesen sei hier insbesondere auf Folgendes:

 

a)      Unbestimmte Rechtsbegriffe beim Anwendungsbereich (§ 1)

 

Gesetzentwurf:

§ 1 Abs. 2  Ziffer 3 erstreckt den Anwendungsbereich des Gesetzentwurfs auf den Fall, dass der Unternehmer den Abschluss des Vertrags über die Überlassung von Wohnraum vom Abschluss des Vertrags über die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen zwar nicht durch rechtliche Verbindung der Verträge, aber durch tatsächliche Verbindung abhängig macht. Nach Satz 2 soll das Gesetz auch dann gelten, wenn die Überlassung von Wohnraum und die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen in verschiedenen Verträgen und zudem mit mehreren Unternehmern vereinbart werden, die rechtlich oder wirtschaftlich miteinander verbunden sind.

 

Bewertung:

Die BAGFW begrüßt die Zielsetzung des Gesetzgebers, die Umgehung der Vorschriften durch insbesondere gesellschaftsrechtliche Gestaltungen zu verhindern und den Anwendungsbereich des Gesetzes auf die Fälle der doppelten Abhängigkeit des Verbrauchers zu beschränken. Der Gesetzentwurf verwendet jedoch mit den Begriffen „tatsächliche Verbindung“ der Verträge und „rechtliche oder wirtschaftliche Verbundenheit“ der Unternehmen unbestimmte Rechtsbegriffe, aufgrund derer es in der Rechtspraxis zu Rechtsunsicherheiten kommen kann, welche durch die Rechtsprechung erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung verringert werden wird.

 

Darüber hinaus macht die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 3 keinen Sinn, weil selbst bei faktischer Koppelung der Verträge im Kontext des Einzugs die Vertragswerke eine jederzeitige getrennte Kündigungsmöglichkeit des Dienstleistungsverhältnisses und des Mietverhältnisses zulassen müssen. Ansonsten wären § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 anwendbar.

 

Weiterhin ist die Praktikabilität der Beweislastregel des § 1 Abs. 2 Satz 2 WBVG-E inakzeptabel, weil nur schwer bewiesen werden kann, was nicht vorhanden ist.

 

Lösungsvorschlag:

§ 1 Abs. 2 Ziffer 3  ist zu streichen.

 

§ 1 Abs. 2 S. 2 ist, wie folgt, zu verändern:

„Das Gleiche gilt, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 Satz 1 bei Leistungen vorliegen, die von verschiedenen Unternehmen geschuldet werden, wenn diese rechtlich oder wirtschaftlich miteinander verknüpft sind.“

 

Im Übrigen wird vorgeschlagen, dass Teile der Gesetzesbegründung zu den Begriffen der „rechtlichen oder wirtschaftlichen Verbindung“ in den Gesetzestext aufgenommen werden.

 

b)         Ausnahmen vom Anwendungsbereich (§ 2)

 

Zu den Ausnahmen vom Anwendungsbereich wird auf die Ausführungen zu Frage 10 verwiesen.

 

8.       Nicht anzuwenden ist das Gesetz, wenn der Vertrag neben der Überlassung von Wohnraum ausschließlich die Erbringung von „allgemeinen Betreuungsleistungen“ zum Gegenstand hat. Ist eine solche Formulierung praxisgerecht und sind die im Gesetz genannten Beispiele für diese Betreuungsleistungen ausreichend?

 

Gesetzentwurf:

§ 1 Abs. 1 S. 3 sieht vor, dass das Gesetz nicht anzuwenden ist, wenn der Vertrag neben der Überlassung von Wohnraum ausschließlich die Erbringung von „allgemeinen Betreuungsleistungen“ zum Gegenstand hat. Als Beispiele für „allgemeine Betreuungsleistungen“ werden die typischen Leistungen des Servicewohnens wie die Vermittlung von Pflege- und Betreuungsleistungen oder hauswirtschaftlichen Leistungen sowie die Bereitstellung eines Notrufdienstes genannt.

 

Bewertung:

Der Begriff „allgemeine Betreuungsleistungen“ in § 1 Abs. 1 S. 3 WBVG kann zu Rechtsun-klarheiten führen, da auf Grund der begrifflichen Ähnlichkeit die Abgrenzung zu den Betreuungsleistungen i.S.d. Satzes 1 erschwert ist. Dabei kann auch die sehr gute Aufzählung der Beispiele in der Rechtspraxis möglicherweise nicht ausreichend zur Rechtsklarheit beitragen.

 

Lösungsvorschlag:

Der Begriff „allgemeine Betreuungsleistungen“ in § 1 Abs. 1 Satz 3 soll durch den Begriff „sonstige unterstützende Dienstleistungen“ ersetzt werden.

 

9.       Inwiefern gelingt es dem vorliegenden WBVG-E, den Verbraucherschutz für pflege- und betreuungsbedürftige Personen zu verbessern, ohne neue bürokratische Hürden für neuartige Wohnformen und Betreuungskonzepte in der offenen Altenhilfe zu errichten?

 

Der bürokratische Aufwand ist insbesondere im Hinblick auf die Umstellung, die Informationspflichten, die Vertragsgestaltung usw. nicht unerheblich. Um die Entwicklung neuer Wohnformen nicht zu beeinträchtigen ist daher insbesondere erforderlich, die Anforderungen rechtssicher zu gestalten. Das ist noch nicht an allen Stellen gelungen. Verwiesen wird hier insoweit auf die Ausführungen zum Anwendungsbereich in §§ 1 und 2 aber auch die Befristungsmöglichkeiten in § 4 Abs. 1.

 

10.     Welche Wohnformen werden durch den Gesetzentwurf erfasst und welche sollten Ihrer Auffassung nach erfasst werden bzw. nicht unter dieses Gesetz fallen, da bisher im GE eine Definition von „Betreutem Wohnen“ fehlt?

 

In den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen alle stationären und ambulanten Wohn- und Versorgungsformen, bei denen eine Kopplung der Verträge über die Überlassung von Wohnraum mit Verträgen über Pflege- und Betreuungsleistungen besteht. Damit fallen auch ambulant betreute Wohngemeinschaften unter das Gesetz, sofern die Bewohner/innen nicht frei über die Wahl des Anbieters von Pflege- und Betreuungsleistungen entscheiden können. Der Anwendungsbereich soll aus Sicht der BAGFW in der vorliegenden Weise mit Ausnahme von § 1 Abs. 2 Nr. 3 definiert werden. Ausdrücklich auszunehmen aus dem Anwendungsbereich nach § 2 sind die Tages- und Nachtpflege sowie Leistungen in stationären oder ambulanten Wohnformen für psychisch kranke oder suchtkranke Menschen nach dem SGB XII, sofern der Aufenthalt in den betreffenden Einrichtungen nur vorübergehender Natur ist. Das Gleiche gilt auch für die Kurzzeitpflege, da der Aufenthalt dort nur vorübergehender Natur ist und Qualitätssicherung sowie Leistungsgestaltung im Pflegevertrag vereinbart werden könnten. Einrichtungen des Service-Wohnens sollen nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, sofern die Überlassung von Wohnraum mit nur sonstigen unterstützenden Dienstleistungen außerhalb von Pflege- und Betreuungsleistungen verbunden ist.

 

11.     Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen dem vertragsbezogenem Anwendungsbereich im WBVG und den einrichtungsbezogenen Anwendungsbereichen der (Länder-) Heimgesetze und wie wirken sich diese Ihrer Meinung nach aus?

 

Da noch nicht alle Länder eigene Heimgesetze erlassen haben und der Anwendungsbereich in den unterschiedlichen Ländergesetzen voneinander abweichen kann, ist diese Frage nur bedingt zu beantworten. In den meisten Landesheimgesetzen fallen auch ambulant betreute Wohnformen in den Bereich des Gesetzes, sofern die Verträge zur Wohnraumüberlassung und über Pflege und Betreuung faktisch und rechtlich gekoppelt sind und damit Wohnen und Pflege nicht selbstverantwortlich organisiert werden können. Aus Sicht der BAGFW sollen die Landesheimgesetze jedoch nur die ordnungsrechtliche Dimension der Wohn- und Betreuungsformen regeln. Die zivilrechtliche Perspektive des Vertragsrechts fällt ausschließlich in die Regelungskompetenz des Bundes, wie im Gesetzentwurf zum WBVG vorgesehen. Die BAGFW vermag derzeit nicht einzuschätzen, ob es zu Unvereinbarkeiten zwischen den Landesheimgesetzen und dem WBVG kommen kann.

 

12.     Wie beurteilen Sie die Entscheidung, Wohnformen, bei denen Wohnraum mit der Erbringung, Vorhaltung und Vermittlung von Pflege- und Betreuungsleistungen verbunden ist, aus dem Gesetzentwurf zu streichen, aber die als allgemein benannten „Wohngemeinschaften“ dem WBVG zu unterstellen?

 

Aus Sicht der BAGFW sollen Formen des Betreuten Wohnens, bei denen sonstige unterstützende Dienstleistungen wie die bloße Vermittlung von Pflege- und Betreuungsleistungen, Reinigungsdienste und die Vorhaltung eines Notrufdienstes aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen sein. Wohngemeinschaften im stationären Bereich fallen ohnehin in den Anwendungsbereich des WBVG.

 

13.     Wie bewerten Sie die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen, die sich auf Veränderungen des Vertragsverhältnisses beziehen (z.B. Kündigung, Unternehmenswechsel)?

 

Auf Einzelheiten wird in den nachfolgenden speziellen Fragen noch spezifisch eingegangen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die im Gesetz vorgesehenen Regelungen zu Änderungen des Vertragsverhältnisses die unterschiedlichen rechtlichen Konstellationen recht differenziert abbilden. Bei den Regelungen zur Kündigung durch den Verbraucher ist die fristlose Kündigung innerhalb der ersten zwei Wochen gemäß § 11 Abs. 2 zu streichen. Eine derartige Regelung ist dem gesamten Schuldrecht fremd und stellt eine inakzeptable Belastung der Träger dar, deren finanzielle Auswirkungen von keiner Seite kompensiert werden. Vereinbarungen über ein befristetes Probewohnen können auf Grundlage der allgemeinen Befristungsregelungen hinreichend geschlossen werden.

 

14.     Erhebliche Schwierigkeiten hat es in der Vergangenheit gegeben bezüglich der Weiterberechnung nach dem Todestag. Wird mit der entsprechenden Regelung im WBVG die notwendige Harmonisierung mit dem SGB XI erreicht und eine für alle Beteiligten sachgerechte Lösung gefunden?

 

Gesetzentwurf:

§ 4 Abs. 3 ermöglicht den Vertragsparteien, über den Tod des Verbrauchers hinaus für die Zeit von maximal zwei Wochen die Fortgeltung des Vertrags zu vereinbaren. Nach § 15 Abs. 1 gilt dies allerdings nicht für Personen, die Leistungen nach dem SGB XI in Anspruch nehmen.

 

Bewertung:

Die BAGFW begrüßt die Möglichkeit des § 4 Abs. 3. Unverständlich ist allerdings, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit für Leistungsempfänger des SGB XI ausschließt, denn das Entgelt für Wohnraum und die gesondert berechenbaren Investitionskostenanteile sind ohnehin vom Verbraucher selbst zu tragen. Insoweit sind die Regelungen des SGB XI mit den Regelungen des WBVG harmonisiert worden. Aus Verbrauchersicht ist es nicht nachvollziehbar, warum Angehörigen oder Erben von Leistungsbeziehern nach dem SGB XI im Unterschied zu den Angehörigen oder Erben reiner Selbstzahler eine angemessene Trauerzeit verwehrt werden soll.

 

Formulierungsvorschlag:

§ 87a SGB XI ist daher an § 4 Abs. 3 WBVG anzupassen. In § 87a Abs. 1 Satz 2 sollen daher  nach dem Wort „endet“ folgende Wörter eingefügt werden: „hinsichtlich der Pflegesätze im Sinne des § 84 SGB XI“.

 

Sollte dieser Vorschlag nicht konsentierbar sein, wird angeregt, § 15 WBVG-E zu streichen.

 

15.     Wie beurteilen Sie die Regelungen des Gesetzentwurfs zu Vertragsschluss, - dauer, Kündigung, Entgelterhöhung und Wechsel der Vertragsparteien hinsichtlich der Harmonisierung mit sozialrechtlichen Regelungen?

 

Vertragsdauer

 

Gesetzentwurf:

§ 4 Abs. 1 bestimmt, dass eine Befristung des Vertrages nur zulässig ist, wenn sie die Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschreitet. Im Übrigen sind Verträge auf unbefristete Zeit zu schließen.

 

Bewertung:

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Vertragsdauer von befristeten Verträgen auf drei Monate begrenzt werden soll. Mit dieser Regelung kann z.B. eine Befristung des Vertragsverhältnisses wegen befristeter Einstufung in eine Pflegestufe nach § 33 SGB XI erfasst werden. Im Kontext der Eingliederungshilfe hingegen haben Bewohner häufig Interesse an längeren befristeten Vertragsverhältnissen, z.B. wenn der Sozialhilfeträger Leistungsentscheidungen nur für 4 Monate oder vorläufig gewährt. Zudem gibt es Patienten, beispielsweise in der rehabilitativen Phase nach einem Krankenhausaufenthalt, die einen Vertrag für die Dauer von z. B. 4 Monaten, aber nicht unbefristet schließen wollen, weil absehbar ist, dass sich ihr Gesundheitszustand wieder erheblich verbessert.

 

Formulierungsvorschlag:

Da die vorgesehne Regelung mit leistungs- und sozialrechtlichen Normen kollidieren kann, ist die dreimonatige Höchstdauer der Befristung in § 4 Abs. 1 Satz 2 aus dem Gesetz zu streichen.

 

Vertragsabschluss

 

Grundsätzlich sind die Regelungen zum Vertragsabschluss zu begrüßen. Probleme sieht die BAGFW hinsichtlich der Wirksamkeit von Verträgen, welche geschäftsunfähige Personen abschließen. Diese können mit sozialrechtlichen Regelungen kollidieren, wie folgende Fallkonstellation zeigt: Eine geschäftsunfähige Person, die nach Krankenhausaufenthalt in ein Heim aufgenommen wird und Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XI hat, schließt einen Vertrag mit der vollstationären Einrichtung. Diese erbringt ihre Leistungen pflichtgemäß vollumfänglich nach § 43 SGB XI. Abweichend von § 105 BGB, nach dem Verträge von Geschäftsunfähigen nichtig sind, wird in § 4 Abs. 2 WBVG bis zur Genehmigung durch den Betreuer die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages angeordnet. Trotz dieser schwebenden Unwirksamkeit des Vertrags soll dieser Vertrag nach dem WBVG nun hinsichtlich der bewirkten Leistung und Gegenleistung wirksam sein. Aus der Formulierung wird nicht deutlich, ob nur die bewirkte Gegenleistung oder auch die nicht bewirkte Gegenleistung einer bewirkten Leistung gemeint ist. Es ist klarzustellen, dass auch hinsichtlich der nicht bewirkten Gegenleistung diese zu erbringen ist. Ansonsten könnten durch diese Regelung die Einrichtungen unangemessen benachteiligt werden, wenn sie in gutem Glauben Leistungen erbringen und gemäß des SGB XI auch erbringen müssen, die Gegenleistung wegen Geschäftsunfähigkeit des Kunden jedoch nicht einfordern können. Dies gilt umso mehr, als die Einrichtungen trotz unwirksamen Vertrages die faktische Vertragsbeziehung nur aus wichtigem Grund lösen können.

 

 

Ähnliche Konstellationen finden sich auch in der Eingliederungshilfe. Um einen gerechten Interessensausgleich herzustellen, ist daher den Einrichtungen ein Vergütungsanspruch in Höhe der in SGB XI und SGB XII vorgesehenen Entgelte gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 WBVG einzuräumen.

 

Kündigung

 

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die im Gesetz vorgesehenen Regelungen zu Änderungen des Vertragsverhältnisses die unterschiedlichen rechtlichen Konstellationen differenziert abbilden. Bei den Regelungen zur Kündigung durch den Verbraucher ist die grundlose fristlose Kündigung innerhalb der ersten zwei Wochen zu streichen. Vereinbarungen über ein befristetes Probewohnen können auf Grundlage der allgemeinen Befristungsregelungen hinreichend geschlossen werden.

 

Gemäß § 12 Abs. 3 S. 3 wird eine Kündigung des Unternehmers unwirksam, wenn dieser bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich des fälligen Entgelts befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet. Diese Regelung ist an § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB angelehnt und grundsätzlich sinnvoll. Um jedoch einen Missbrauch auszuschließen, sollten in § 12 Abs. 3 an Satz 3 folgende Sätze aufgenommen werden: „Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren eine nach Satz 3 unwirksame Kündigung vorausgegangen ist.“

 

Entgelterhöhung

 

a)      Höhe des Entgelts

 

Gesetzentwurf:

§ 7 Abs. 2 S. 2 und 3 bestimmen, dass sich die Höhe des Entgelts in Verträgen mit Leistungsempfängern nach dem SGB XI und dem SGB XII nach den jeweiligen leistungsrechtlichen Bestimmungen des SGB XI und des SGB XII richtet. In diesen Fällen gilt gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 auch die vereinbarte oder festgesetzte Entgelterhöhung grundsätzlich als angemessen.

 

Bewertung:

Die Regelung, dass die nach dem Leistungsrecht des SGB XI oder SGB XII vereinbarten Entgelte als vereinbart und angemessen gelten, schützt die Einrichtungen davor, dass die nach langwierigen Verhandlungen mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern vereinbarte Vergütungshöhe zusätzlich zivilrechtlich überprüft und damit eventuell wieder in Frage gestellt wird. Die Regelung nach § 9 Abs. 1 S. 3 stellt rechtlich klar, dass es für die Wirksamkeit der Entgelterhöhung ausreicht, wenn die Einrichtung die im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen angestrebte Entgelterhöhung dem Bewohner oder der Bewohnerin ankündigt und nicht mehr das Ende der Pflegesatzverhandlungen abwarten muss, um den Bewohner von einer Entgelterhöhung in Kenntnis zu setzen. Durch diese Regelung können viele Rechtsstreitigkeiten, die in der Praxis aufgrund der bisher geltenden Regelungen des Heimrechts entstanden sind, in Zukunft vermieden werden.

 

b)         Begründung der Entgelterhöhung

 

Gesetzentwurf:

§ 9 Abs. 2 S. 2 sieht vor, dass in der Begründung für eine Entgelterhöhung unter Angabe des Umlagemaßstabs die Positionen benannt werden müssen, für die sich durch die veränderte Berechnungsgrundlage Kostensteigerungen ergeben.

 

Bewertung:

Der Verbraucher muss bei Entgelterhöhungen grundsätzlich nachvollziehbare Instrumente an die Hand bekommen. Dazu ist es sinnvoll klarzustellen, welche Positionen gemeint sind.

 

Formulierungsvorschlag:

In § 9 Abs. 2 S. 3 ist das Wort „Positionen“ zu präzisieren als die „des § 3 Abs. 3 Ziff. 1“.

 

c)      Einsicht in die Kalkulationsunterlagen

 

Gesetzentwurf:

§ 9 Abs. 2  S. 4 ermöglicht bei Entgelterhöhungen die Einsichtnahme in die Kalkulationsunterlagen.

 

Bewertung:

Die BAGFW teilt die Ansicht, dass dem Verbraucher Entgelterhöhungen hinreichend begründet werden müssen. Kalkulationsunterlagen enthalten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die nicht uneingeschränkt offengelegt werden können. Ein Ausgleich der Interessen der Leistungserbringer und der Verbraucher könnte dadurch hergestellt werden, dass der Heimbeirat ein solches Einsichtnahmerecht erhält. Eine solche Regelung wäre allerdings von den Ländern zu treffen.

 

Formulierungsvorschlag:

§ 9 Abs. 2 S. 4 wird gestrichen.

 

Wechsel der Vertragsparteien

 

Diese Regelung ist zu begrüßen. Da sie nicht mit sozialrechtlichen Regelungen kollidieren kann, sondern eine rein zivilrechtliche Regelung darstellt, soll im Zusammenhang mit Frage 15 nicht näher darauf eingegangen werden. Im Übrigen verweisen wir auf die detaillierte Stellungnahme zu § 5, die unter Ziffer III folgt.

 

16.     Welche Rechte hat der Hinterbliebene eines unverheirateten/gleich-geschlechtlichen Paares auf Fortführung des Wohnvertrages?

 

Der Wohnvertrag kann mit Personen, die mit dem Verbraucher einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen und nicht Vertragspartner des Unternehmers hinsichtlich der Wohnraumüberlassung sind, das Vertragsverhältnis hinsichtlich der Wohnraumüberlassung fortführen. Dabei ist es unerheblich, ob die Hinterbliebenen mit dem Verstorbenen verheiratet waren oder in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung gelebt haben. Es kommt allein auf den Nachweis der vorausgegangenen Führung eines gemeinsamen Haushalts an.

Somit können auch Hinterbliebene unverheirateter oder gleichgeschlechtlicher Paare das

 

Vertragsverhältnis unter den dafür vorgesehenen Regelungen fortsetzen. Bei nicht gewünschter Fortsetzung des Vertragsverhältnisses sollte dieses jedoch nicht rückwirkend enden, weil dann der Wohnungsgeber trotz Leistung keinen Vergütungsanspruch hätte. Rückabwicklungen über §§ 812 ff. BGB sind nicht zumutbar.

 

17.     Wie schätzen Sie die Gewährleistung und Umsetzbarkeit der Transparenz bei Erhöhung des Entgelts ein, wenn die Position, der Zeitpunkt, der Erhöhungsanteil im Vergleich zum bisherigen Posten angegeben und eine Einsichtnahme in die Kalkulationsgrundlage vom Verbraucher verlangt werden muss?

 

Zunächst einmal weisen wir darauf hin, dass es nicht um Einsichtnahme in die Kalkulationsgrundlage geht, sondern in Kalkulationsunterlagen. Zudem kann der Verbraucher darin Einsicht nehmen, muss es jedoch nicht.

 

a)      Positionen, für die sich Kostensteigerungen ergeben

 

Gesetzentwurf:

§ 9 Abs. 2 S. 2 sieht vor, dass in der Begründung für eine Entgelterhöhung unter Angabe des Umlagemaßstabs die Positionen benannt werden müssen, für die sich durch die veränderte Rechnungsgrundlage Kostensteigerungen ergeben. Das Gesetz definiert jedoch nicht, was unter „Positionen“ verstanden wird.

 

Bewertung:

Der Verbraucher muss bei Entgelterhöhungen grundsätzlich nachvollziehbare Instrumente an die Hand bekommen. Dazu ist es sinnvoll klarzustellen, welche Positionen gemeint sind.

 

Formulierungsvorschlag:

In § 9 Abs. 2 S. 3 ist das Wort „Positionen“ zu präzisieren als die „des § 3 Abs. 3 Ziff. 1“.

 

b)      Einsichtnahme in Kalkulationsunterlagen

 

Gesetzentwurf:

§ 9 Abs. 2  S. 4 ermöglicht bei Entgelterhöhungen die Einsichtnahme in die Kalkulationsunterlagen.

 

Bewertung:

Die BAGFW teilt die Ansicht, dass dem Verbraucher Entgelterhöhungen hinreichend begründet werden müssen. Kalkulationsunterlagen enthalten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die nicht uneingeschränkt offengelegt werden können. Ein Ausgleich der Interessen der Leistungserbringer und der Verbraucher könnte dadurch hergestellt werden, dass der Heimbeirat ein solches Einsichtnahmerecht erhält. Eine solche Regelung wäre allerdings von den Ländern zu treffen.

 

III.        Vorschriften im Einzelnen

 

§ 1 Anwendungsbereich des Gesetzes

 

Unbestimmte Rechtsbegriffe

 

Gesetzentwurf:

§ 1 Abs. 2  Ziffer 3 erstreckt den Anwendungsbereich des Gesetzentwurfs auf den Fall, dass der Unternehmer den Abschluss des Vertrags über die Überlassung von Wohnraum vom Abschluss des Vertrags über die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen zwar nicht durch rechtliche Verbindung der Verträge, aber durch tatsächliche Verbindung abhängig macht. Nach Satz 2 soll das Gesetz auch dann gelten, wenn die Überlassung von Wohnraum und die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen in verschiedenen Verträgen und zudem mit mehreren Unternehmern vereinbart werden, die rechtlich und wirtschaftlich miteinander verbunden sind.

 

§ 1 Abs. 1 S. 3 sieht zudem vor, dass das Gesetz nicht anzuwenden ist, wenn der Vertrag neben der Überlassung von Wohnraum ausschließlich die Erbringung von „allgemeinen Betreuungsleistungen“ zum Gegenstand hat. Als Beispiele für „allgemeine Betreuungsleistungen“ werden die typischen Leistungen des Servicewohnens wie die Vermittlung von Pflege- und Betreuungsleistungen oder hauswirtschaftlichen Leistungen sowie die Bereitstellung eines Notrufdienstes genannt.

 

Bewertung:

Die BAGFW begrüßt die Zielsetzung des Gesetzgebers, die Umgehung der Vorschriften durch insbesondere gesellschaftsrechtliche Gestaltungen zu verhindern und den Anwendungsbereich des Gesetzes auf die Fälle der doppelten Abhängigkeit des Verbrauchers zu beschränken. Der Gesetzentwurf verwendet jedoch mit den Begriffen „tatsächliche Verbindung“ der Verträge und „rechtliche oder wirtschaftliche Verbundenheit“ der Unternehmen unbestimmte Rechtsbegriffe, aufgrund derer es in der Rechtspraxis zu Rechtsunsicherheiten kommen kann, welche durch die Rechtsprechung erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung verringert werden können. Hierdurch könnte u. a. die wünschenswerte stärkere Vernetzung der Leistungsangebote behindert werden. So bleibt in § 1 Abs. 2 S. 2 offen, ob für die Geltung des WBVG allein die in dieser Regelung genannte Voraussetzung der „rechtlichen oder wirtschaftlichen Verbundenheit“ der beteiligten Leistungserbringer ausreicht oder ob auch hier die in § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der vertraglichen Verknüpfung der Wohnraumüberlassung mit den Pflege- und Betreuungsleistungen vorliegen müssen.

 

Darüber hinaus macht die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 3 keinen Sinn, weil selbst bei faktischer Koppelung der Verträge im Kontext des Einzugs die Vertragswerke eine jederzeitige getrennte Kündigungsmöglichkeit des Dienstleistungsverhältnisses und des Mietverhältnisses zulassen müssen. Ansonsten wäre § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 anwendbar.

 

Weiterhin ist die Praktikabilität der Beweislastregel des § 1 Abs. 2 Satz 2 WBVG-E inakzeptabel, weil nur schwer bewiesen werden kann, was nicht vorhanden ist.

 

Auch der Begriff „allgemeine Betreuungsleistungen“ in § 1 Abs. 1 S. WBVG kann zu Rechtsunklarheiten führen, da er im Gesetz nur beispielhaft ausgeführt, aber inhaltlich nicht näher hin bestimmt wird.

 

Mit der Definition des Anwendungsbereiches fallen auch neue Wohnformen wie ambulant betreute Wohngemeinschaften in den Anwendungsbereich des Gesetzes, sofern die Bewohner/innen nicht frei über die Wahl des Anbieters von Pflege- und Betreuungsleistungen entscheiden können. Für die Betreiber von alternativen Wohnprojekten wird der Auf- und Ausbau einer solchen Wohnform zukünftig in der Praxis durch Teile der Regelungen im WBVG erschwert. So berücksichtigt die Regelung einer fristlosen Kündigung durch den Verbraucher in den ersten zwei Wochen nach § 11 Absatz 2  nicht, wie viel Zeit durchschnittlich vergeht, bis eine neue Mieterin bzw. ein neuer Mieter gefunden werden kann.

 

Lösungsvorschlag:

 Der Begriff „allgemeine Betreuungsleistungen“ in § 1 Abs. 1 Satz 3 soll durch den Begriff „sonstige unterstützende Dienstleistungen“ ersetzt werden.

 

 § 1 Abs. 2 Ziffer 3  wird gestrichen.

 

§ 1 Abs. 2 S. 2 soll wie folgt verändert werden:

„Das Gleiche gilt, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 Satz 1 bei Leistungen vorliegen, die von verschiedenen Unternehmen geschuldet werden, wenn diese rechtlich oder wirtschaftlich miteinander verknüpft sind.“

 

Im Übrigen wird vorgeschlagen, dass Teile der Gesetzesbegründung zu den Begriffen der „rechtlichen oder wirtschaftlichen Verbindung“ zur rechtlichen Klarstellung in den Gesetzestext aufgenommen werden.

 

§ 2 Ausnahmen vom Anwendungsbereich

 

Bewertung:

Aus dem Anwendungsbereich zusätzlich auszunehmen sind Leistungen der Tages- und Nachtpflege, denn hier ist die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen nicht an die Überlassung von Wohnraum gekoppelt.

 

Von dem Anwendungsbereich des WBVG werden nach dem vorliegenden Gesetzentwurf zudem ausdrücklich die Leistungen der Krankenhäuser, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen i.S.d. § 107 SGB V ausgenommen. Zeitlich begrenzte Leistungen gibt es aber nicht nur im Kontext des SGB V, sondern auch im Kontext der Leistungen für suchtkranke und psychisch erkrankte Personen auf der Grundlage des SGB XII oder einschlägiger anderer Landes- oder Bundesgesetze. Die Sozialhilfeträger bewilligen z.B. Leistungen an psychisch- oder suchterkrankte Personen i.d.R. nur befristet und oftmals nicht länger als 2 Jahre. Darüber hinaus ist es in Suchthilfeeinrichtungen in Absprache mit den Sozialhilfeträgern üblich, dass zur Sicherstellung des Heilungserfolges eine Kündigung bei anhaltendem Suchtmittelrückfall möglich ist. Eine längere zeitliche Befristung oder eine an den Zeitraum der Leistungsbewilligung geknüpfte Beendigung des Vertrages sowie eine Kündigungsmöglichkeit bei anhaltendem Suchtmittelrückfall steht aber im Widerspruch zu den in § 4 Abs. 1 und § 12 WBVG-E vorgesehenen Regelungen, die langfristige Vertragsverhältnisse vorsehen.

 

Das WBVG-E ist insofern durch seine grundsätzliche Ausrichtung auf langfristige stationäre oder betreute Wohnformen nicht geeignet, die Besonderheiten der Leistungserbringung für suchtkranke und psychisch erkrankte Personen zu regeln. Das Gleiche gilt auch für die Kurzzeitpflege, da der Aufenthalt dort nur vorübergehender Natur ist und die Qualitätssicherung sowie die Leistungsgestaltung im Pflegevertrag vereinbart werden könnten.

 

Lösungsvorschlag:

Folgende Leistungen sind zusätzlich aus dem Anwendungsbereich des WBVG auszunehmen:

 

1.    Leistungen der teilstationären Pflege in Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 SGB XI

2.    Leistungen der Kurzzeitpflege gemäß § 42 SGB XI

3.    Leistungen in stationären oder ambulanten Wohnformen für psychisch- oder suchtkranke Menschen nach dem SGB XII, die nur einen vorübergehenden Aufenthalt vorsehen.

 

§ 3 Informationspflichten

 

Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Informationspflichten (§ 3 Abs. 4)

 

Gesetzentwurf:

Nach § 3 Abs. 4 kann der Verbraucher bei Verstoß gegen die Informationspflichten gemäß den Absätzen 1 bis 3 jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 kündigen.

 

Bewertung:

Grundsätzlich sind die Regelungen zu den Informationspflichten der Unternehmen im Sinne der Gewährleistung von Leistungstransparenz und als Voraussetzung selbstbestimmter Entscheidungen der Verbraucher zu begrüßen. Unverhältnismäßig sind jedoch die Rechtsfolgen in § 3 Abs. 4. In vielen Fällen wird die umfassende Informationspflicht in der Praxis nicht einzuhalten sein. Ist beispielsweise ein geschäftsunfähiger oder demenziell erkrankter Verbraucher nach einem Krankenhausaufenthalt rasch in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung aufzunehmen und ist zu diesem Zeitpunkt noch kein Betreuer oder Bevollmächtigter bestellt, kann die erforderliche Information nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden. In solchen Fällen ist ein sofortiges fristloses Kündigungsrecht des Bewohners unbillig. Der Bewohner ist durch die allgemeine Kündigungsmöglichkeit gemäß § 11 Abs. 1 hinreichend geschützt.

 

Lösungsvorschlag:

Die Rechtsfolgen von § 3 Abs. 4 werden auf die Kündigungsfristen nach § 11 Abs. 1 beschränkt.

 

Leistungs- und Entgeltveränderungen (§ 3 Abs. 2 Nr. 4)

 

Gesetzentwurf:

Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 gehört zur Information über die für den Verbraucher in Betracht kommenden Leistungen auch die Darstellung der Voraussetzungen für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen.

 

Bewertung:

Als „Voraussetzung“ für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen kommen prinzipiell viele vorhersehbare, aber auch nicht vorhersehbare Ursachen und Umstände im Einzelfall in Frage. Diese mögen in der Person des Heimbewohners, aber auch in der Institution der Einrichtung begründet sein. Die Darstellung der Voraussetzungen für Leistungs- und Entgeltveränderungen sollten daher im Einklang mit der Gesetzesbegründung auf die Vertragsanpassung bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs beschränkt werden.

 

Lösungsvorschlag:

§ 3 Abs. 3 Nr. 4 soll wie folgt ergänzt werden:

„der Voraussetzungen für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen gemäß § 8 Abs. 1 und 2“.

 

§ 4 Modalitäten des Vertragsabschlusses und Vertragsdauer

 

Befristung des Vertrages (§ 4 Abs. 1)

 

Gesetzentwurf:

§ 4 Abs. 1 bestimmt, dass eine Befristung des Vertrages nur zulässig ist, wenn sie die Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschreitet.

 

Bewertung:

Die Befristung von Verträgen erfolgt im Bereich des SGB XI z.B. im Rahmen der befristeten Einstufung in eine Pflegestufe nach § 33 SGB XI. Im Kontext der Eingliederungshilfe hängt die Befristung hingegen vielfach mit vorläufigen oder befristeten Entscheidungen der Sozialhilfeträger zusammen. In beiden Fällen haben die Bewohner ein erhebliches Interesse an der Befristung. Ist z.B. aufgrund einer Erkrankung der Pflegeperson ein Bewohner auf die Aufnahme in eine Kurzzeitpflege angewiesen, kann der Vertrag längstens bis zu 3 Monaten befristet werden. Benötigt entgegen der ursprünglichen Erwar­tungen die Pflegeperson 4 Monate für ihre eigene Regeneration ist ein unbefristeter Vertrag zu schließen und unter Einhaltung der Kündigungsfristen zu kündigen. Entscheidet die Pflegekasse nur vorläufig über eine Einstufung, die einen längeren Einrichtungsaufenthalt vermuten lassen, und kommt es später wegen guter Pflegeleistungen zu einer erheblichen Verbesserung des Bewohnerbefindens, sind Bewohner und Einrichtung an den Vertrag gebunden, obwohl im Kontext eines befristeten Vertrages viel zielgerichteter auf die Stärkung der Selbstständigkeit hingearbeitet werden kann. Ebenso muss ggf. die bestehende Wohnung gekündigt werden, die dann für einen Wiederbezug nicht mehr zur Verfügung steht. Im Bereich der Eingliederungshilfe würde ein Bewohner wegen der faktischen Unkündbarkeit eines Vertrages nach § 12 WBVG-E für die Einrichtung einen Anspruch auf Fortsetzung des Aufenthalts in einer Einrichtung erhalten, auch wenn kein Bedarf mehr besteht und der Sozialhilfeträger deshalb eine weitere Leistungs­bewilligung ablehnt. Basiert das Konzept auf einer Wohngemeinschaft, wird das Konzept und seine Finan­zierung insgesamt in Frage gestellt, wenn Bewohner, die keinen Bedarf mehr haben, in der Wohnge­meinschaft verbleiben. Es empfiehlt sich daher insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Bewohnerinteresses nicht, die Befristung generell auf bis zu 3 Monaten zu beschränken. Vielmehr sollte eine generelle Befristungs- mit Verlängerungsmöglichkeit zugelassen werden, um den unterschiedlichen Anforderungen im Bereich der Pflege aber auch insbesondere im Bereich der Eingliederungshilfe genügen zu können. Auch befristete Einstufungen nach § 33 SGB XI gehen vielfach über drei Monate hinaus.

 

Lösungsvorschlag:

In § 4 Abs. 1 Satz 2 werden die Worte „bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten“ gestrichen.

 

Wirksamkeit des Vertrags bei geschäftsunfähigen Personen (§ 4 Abs. 2 S. 3)

 

Gesetzentwurf:

Bei bereits bewirkter Leistung und Gegenleistung gilt der Vertrag als wirksam geschlossen.

 

Bewertung:

Klarzustellen ist die Rechtssituation für geschäftsunfähige Bewohner bei Anwendung von § 4 Abs. 2 S. 3 WBVG-E. Trotz unwirksamen Vertrages soll dieser hinsichtlich der bewirkten Leistung und deren Gegenleistung wirksam sein. Durch die Formulierung wird nicht deutlich, ob damit nur die bewirkte Gegenleistung oder generell jede Gegenleistung einer bewirkten Leistung gemeint ist. Die Einrichtungen würden unangemessen benachteiligt, wenn sie in gutem Glauben Leistungen erbracht haben, die Gegenleistung dafür aber nicht einfordern können. Das gilt umso mehr, als die Einrichtungen trotz Unwirksamkeit des Vertragsverhältnisses die faktische Beziehung nur aus wichtigem Grund lösen können sollen.

 

Lösungsvorschlag:

Es wird daher angeregt, § 4 Abs. 2 S. 3 WBVG-E wie folgt zu fassen:

In Ansehung einer erbrachten Leistung ist die Gegenleistung entsprechend § 7 Abs. 2 S. 2 und 3 zu erbringen“.

 

Vertragsende bei Tod (§ 4 Abs. 3)

 

Gesetzentwurf:

§ 4 Abs. 3 ermöglicht den Vertragspartnern, über den Tod des Verbrauchers hinaus, für eine begrenzte Zeit die Fortgeltung des Vertrages zu vereinbaren. Nach § 15 Abs. 1 gilt dies allerdings nicht für Personen, die Leistungen nach dem SGB XI in Anspruch nehmen.

 

Bewertung:

Die BAGFW begrüßt die Möglichkeit des § 4 Abs. 3. Unverständlich ist allerdings, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit für Bezieher von Leistungen nach dem SGB XI ausschließt, denn das Entgelt für den Wohnraum und die gesondert berechenbaren Investitionskostenanteile sind ohnehin vom Verbraucher zu tragen.

 

Ebenfalls aus Bewohnersicht ist es nicht nachvollziehbar, warum den Angehörigen von Leistungsbeziehern von Leistungen nach dem SGB XI eine angemessene Trauerzeit verwehrt werden soll. § 4 Abs. 3 WBVG-E sieht zwar vor, dass der Vertrag für die Überlassung des Wohnraums nach Versterben des Bewohners für einen Zeitraum von 2 Wochen fortbestehen kann. Diese Regelung wird aber durch § 15 WBVG-E konterkariert, die die Vorrangigkeit der Regelungen des SGB XI und damit auch des § 87a Abs. 1 S. 2 SGB XI vorsieht. Danach endet der Vertrag sofort mit dem Tod des Bewohners. Das bedeutet, dass den Angehörigen von Bewohnern die SGB XI-Leistungen beziehen, die Möglichkeit der Trauerzeit und der Auflösung des Hausstands in angemessener Zeit genommen wird. Die Einrichtungen werden dadurch aus vertragsrechtlichen und finanziellen Gründen heraus gehalten, die Zimmer bereits unmittelbar nach dem Tod zu räumen bzw. räumen zu lassen.

Da es nicht um den Weiterbezug von Pflegesachleistungen nach dem Tod des Bewohners geht, sondern nur noch um das Vorhalten des Wohnraums, wäre es daher angemessen, die Angehörigen nach dem Tod des Bewohners nicht sofort mit der Räumungsaufforderung konfrontieren zu müssen. Die Belastung des Nachlasses ist durch den sehr kurzen Zeitraum von 2 Wochen geringfügig.

 

Lösungsvorschlag:

In § 87a Abs. 1 Satz 2 SGB XI werden nach dem Wort „endet“ folgende Wörter eingefügt: „hinsichtlich der Pflegesätze im Sinne des § 84 SGB XI“.

 

Sollte dieser Vorschlag nicht konsentierbar sein, wird angeregt, § 15 WBVG-E zu streichen.

 

§ 5 Wechsel der Vertragsparteien

 

Gesetzentwurf:

Neu im Kabinettsentwurf zum WBVG ist § 5, der den Wechsel der Vertragsparteien regelt.

 

Bewertung:

Diese Regelung soll Eheleuten bzw. Paaren – in Ausnahmefällen auch anderen Personen, die mit einem Pflegebedürftigen im gemeinsamen Haushalt zusammenwohnen - zu Gute kommen und wird daher begrüßt. Bei nicht gewünschter Fortsetzung des Vertragsverhältnisses sollte dieses jedoch nicht rückwirkend enden, um eine komplizierte Rückabwicklung nach §§ 812 ff BGB zu vermeiden.

 

Lösungsvorschlag:

§ 5 Abs. 1 S. 2 ist wie folgt zu ergänzen:

„Erklären Personen, mit denen das Vertragsverhältnis fortgesetzt wurde, innerhalb von vier Wochen nach dem Sterbetag des Verbrauchers dem Unternehmer, dass sie das Vertragsverhältnis nicht fortsetzen wollen, gilt die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ab dem Zeitpunkt der Erklärung als nicht erfolgt.“

 

§ 6 Schriftform und Vertragsinhalt

 

Gesetzentwurf:

Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 kann der Verbraucher jederzeit fristlos kündigen, solange kein schriftlicher Vertrag vorliegt.

 

Bewertung:

Diese Regelung beachtet nicht, dass die fehlende Schriftform in der Praxis auch aus der Sphäre der Bewohner/innen und nicht nur des Unternehmers kommen kann. Weigert sich ein Bewohner einen schriftlichen Vertrag zu schließen oder einer Vertragsanpassung schriftlich zuzustimmen, kann der Unternehmer keinen wirksamen schriftlichen Vertrag schließen. Befindet sich der Bewohner bereits im Heim, müsste dieses die notwendige Hilfe leisten und gleichwohl die fristlose Kündigung gewärtigen.

 

Lösungsvorschlag:

§ 6 Abs. 2 Satz 2 ist deshalb um einen Halbsatz zu ergänzen:

„..kündigen, wenn die mangelnde Schriftform vom Unternehmer zu vertreten ist.“

 

§ 8 Vertragsanpassung

 

Vertragsanpassung bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfes (§ 8)

 

Annahme des Angebots (§ 8 Abs. 1 S. 2)

 

Gesetzentwurf:

Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 kann der Verbraucher das Angebot des Unternehmers ganz oder teilweise annehmen.

 

Bewertung:

Die BAGFW hält die beabsichtigte Regelung für unpraktikabel. Das Angebot des Leistungserbringers muss sich nach den pauschalen Regelleistungsverzeichnissen richten, die mit den Sozialleistungsträgern vereinbart sind. Ein solches Angebot ist daher nicht teilbar und kann dementsprechend nicht nur teilweise angenommen werden.

 

Lösungsvorschlag:

§ 8 Abs. 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst: „Der Verbraucher kann das Angebot nur im Ganzen annehmen.“

 

Modalitäten der einseitigen Erklärung einer Vertragsanpassung bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs (§ 8 Abs. 2)

 

Gesetzentwurf:

§ 8 Abs. 2 verweist auf Absatz 1 Satz 3 und macht damit die einseitige Vertragsanpassung von der Zustimmung des Verbrauchers abhängig.

 

Bewertung:

Eine einseitige Vertragsanpassung ist sinnvoll und korrespondiert insoweit auch mit der Regelung in § 87a Abs. 2 SGB XI, der eine entsprechende Möglichkeit vorsieht. Warum die einseitige Erhöhungserklärung dann wieder durch den Verweis auf § 8 Abs. 1 S. 3 WBVG-E von der Zustimmung der Bewohner abhängig gemacht werden soll, erschließt sich nicht. Das würde vielmehr dazu führen, dass eine einseitige Erhöhungserklärung generell ausgeschlossen ist. Dadurch würde nicht nur die Regelung in § 87a Abs. 2 SGB XI ad absurdum geführt. Vielmehr belasten Bewohner, die trotz höheren Bedarfs eine Zustimmung verweigern, die Mitbewohner, weil der höhere Bedarf aufgrund der Bedarfsdeckungspflicht in der Einrichtung dann auch ohne Erhöhung der Vergütung – und damit einer besseren Personal- und Sachausstattung – sichergestellt werden muss. Durch die Möglichkeit, die Zustimmung aus Kostengründen zu verweigern, wird damit die Solidargemeinschaft der Mitbewohner belastet, für die wegen des Solidarprinzips innerhalb der Einrichtung insgesamt weniger zur Verfügung steht. Um Spannungen zwischen den Bewohnern zu vermeiden, wird daher von der Abschaffung der einseitigen Vertragsanpassung abgeraten.

 

Lösungsvorschlag:

In § 8 Abs. 2 werden die Wörter „nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 3“ gestrichen.

 

§ 9 Entgelterhöhung bei Änderung der Berechnungsgrundlage

 

Begründung der Entgelterhöhung (§ 9 Abs. 2 S. 3)

 

Gesetzentwurf:

§ 9 Abs. 2 S. 3 WBVG-E sieht vor, dass in der Begründung unter Angabe des Umlagemaßstabes die Positionen benannt werden müssen, für die sich durch die veränderte Berechnungsgrundlage Kostensteigerungen ergeben.

 

Bewertung:

Im Hinblick auf die Begründungspflicht der Einrichtungen für Entgelterhöhungen bei Änderung der Berechnungsgrundlage wäre es hilfreich, wenn klargestellt würde, worauf sich die Begründungspflicht bezieht. Für die Bewohner wie die Einrichtungen ist es wichtig, nachvollziehbare und umsetzbare Instrumente an die Hand zu bekommen. Ausgehend von den übrigen Anforderungen an die Vertragsgestaltung durch das WBVG-E sollte darüber hinaus eine Harmonisierung der Vorschriften angestrebt werden. Hier könnte es hilfreich sein, wenn in § 9 Abs. 2 S. 3 WBVG-E klargestellt würde, welche Positionen gemeint sind.

 

Lösungsvorschlag:

§ 9 Abs. 2 S. 3 soll nach dem Wort "Positionen" die Formulierung "des § 3 Abs. 3 Ziff. 1" zu ergänzt werden und die Worte „unter Angabe des Umlagemaßstabs“ sollen gestrichen werden.

 

Modalitäten der Entgelterhöhung (§ 9 Abs. 1 S. 3)

 

Gesetzentwurf:

§ 7 Abs. 2 S. 2 und 3 bestimmen, dass sich die Höhe des Entgelts in Verträgen mit Leistungsempfängern nach dem SGB XI und dem SGB XII nach den jeweiligen leistungsrechtlichen Bestimmungen des SGB XI bzw. SGB XIII richtet und somit als vereinbart und angemessen gilt. Auch die vereinbarte oder festgesetzte Entgelterhöhung gilt in diesen Fällen gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 grundsätzlich als angemessen.

 

Bewertung:

Die Regelung, dass die nach dem Leistungsrecht des SGB XI oder SGB XII vereinbarten Entgelte als vereinbart und angemessen gelten, schützt die Einrichtungen davor, dass die nach langwierigen Verhandlungen mit Pflegekassen und Sozialhilfeträgern vereinbarte Vergütungshöhe zusätzlich zivilrechtlich überprüft und damit eventuell wieder in Frage gestellt wird. Die Regelung nach § 9 Abs. 1 S. 3 stellt rechtlich klar, dass es für die Wirksamkeit der Entgelterhöhung ausreicht, wenn die Einrichtung die im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen angestrebte Entgelterhöhung dem Bewohner oder der Bewohnerin ankündigt und nicht mehr das Ende der Pflegesatzverhandlungen abwarten muss, um den Bewohner von einer Entgelterhöhung in Kenntnis zu setzen. Durch diese Regelung können viele Rechtsstreitigkeiten, die in der Praxis aufgrund der bisher geltenden Regelungen des Heimrechts entstanden sind, in Zukunft vermieden werden.

 

Entgelterhöhung wegen Investitionen

 

Gesetzentwurf:

Nach § 9 Abs. 1 S. 3 können Investitionsaufwendungen nur geltend gemacht werden, soweit sie nach der Art des Betriebes notwendig sind.

 

Bewertung:

Mit dieser Regelung sind Investitionsaufwendungen nicht anerkennungsfähig, die der Energieeinsparung, der Erhaltung der Vermietbarkeit und damit der wirtschaftlichen Auslastung oder auch verbesserten Arbeitsabläufen und damit einer Optimierung des Personaleinsatzes dienen.

 

Lösungsvorschlag:

Analog zu § 559 BGB für das allgemeine Mietrecht ist § 9 Abs. 1 S. 3 wie folgt zu verändern:

„Entgelterhöhungen aufgrund von Investitionsaufwendungen sind nur zulässig, soweit sie der Modernisierung des Wohnraums dienen oder nach der Art des Betriebes notwendig sind und nicht durch öffentliche Förderung gedeckt werden“.

 

Einsicht in Kalkulationsgrundlagen (§ 9 Abs. 2 S. 5)

 

Gesetzentwurf:

§ 9 Absatz 2 Satz 5 ermöglicht die Einsichtnahme in Kalkulationsunterlagen.

 

Bewertung:

Die BAGFW stellt nicht die Notwendigkeit einer hinreichenden Begründung im Fall einer Entgelterhöhung in Abrede. Das Recht zur Einsichtnahme in Kalkulationsgrundlagen ist aber zu weitgehend. Diese enthalten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, an denen der Unternehmer ein schützenswertes Interesse hat. Ein solches Recht ist auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht geboten, wenn die Begründung der Entgelterhöhung den Erfordernissen des Absatzes 2 Satz 3 entspricht. Ein Ausgleich der Interessen der Leistungserbringer und der Verbraucher könnte dadurch hergestellt werden, dass der Heimbeirat ein solches Einsichtnahmerecht erhält. Eine entsprechende Regelung wäre durch die Länder zu treffen.

 

Lösungsvorschlag:

§ 9 Abs. 2 Satz 5 wird gestrichen.

 

§ 10 Nichtleistung oder Schlechtleistung

 

Gesetzentwurf:

Gegenüber dem Referentenentwurf wurde in Absatz 2 eingefügt, dass Minderungsansprüche wegen Mängel des Wohnraums nur bei unverzüglicher Mängelrüge und auch nur mit Wirkung für die Zukunft geltend gemacht werden können.

 

Bewertung:

Auch bei Mängeln der Dienstleistung ist eine unverzügliche Mängelrüge im Gesetz vorzusehen. Andernfalls würde der Unternehmer unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt sein und hätte nicht einmal die Chance, sich vertragsgerecht zu verhalten bzw. einen Dissens über Qualität und Quantität der Dienstleistungen aufzulösen.

 

Lösungsvorschlag:

In § 10 Abs. 2 sind nach dem Wort „Wohnraums“ die Worte „und der Pflege- und Betreuungsleistungen“ zu ergänzen.

 

§ 11 Kündigung durch den Verbraucher

 

Gesetzentwurf:

§ 11 Abs. 2 des Entwurfs zum WBVG sieht eine jederzeitige fristlose Kündigungsmöglichkeit für den Verbraucher binnen der ersten zwei Wochen des Vertragsverhältnisses vor. Diese zwei Wochen verschieben sich nach hinten, wenn eine Ausfertigung des Vertrages erst später ausgehändigt wird.

 

Bewertung:

Die Regelung entspricht § 120 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB XI, der eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit im Bereich der häuslichen Pflege vorsieht. Die organisatorischen Bedingungen in der häuslichen Pflege sind aber mit den Umständen in der stationären Pflege nicht vergleichbar. Die fristlose Kündigungsmöglichkeit belastet den Unternehmer einseitig unverhältnismäßig, da der Verwaltungs- und Organisationsaufwand bei Verträgen zur Überlassung des Wohnraums hoch ist. Mit der Regelung will der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung das Probewohnen ermöglichen. Diesem im Sinne des Verbraucherschutzes berechtigten Anliegen wird aber bereits durch die Möglichkeit von befristeten Verträgen ausreichend Rechnung getragen, um die Interessen der Verbraucher und Unternehmer hinreichend auszugleichen.

 

Lösungsvorschlag:

Es wird daher vorgeschlagen, § 11 Abs. 2 WBVG-E zu streichen.

 

§ 12 Kündigung durch den Unternehmer

 

Gesetzentwurf:

Gemäß § 12 Abs.3 Satz 3 wird eine Kündigung des Unternehmers nach § 12 Abs.1 Satz 3 Nr. 4 WBVG unwirksam, wenn dieser bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches hinsichtlich des fälligen Entgelts befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet.

 

Bewertung:

§ 12 Abs.3 Satz 3 ist an § 569 Abs.3 Nr. 2 BGB angelehnt. Eine solche Regelung erscheint im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers in vielen Fällen sinnvoll. Um jedoch einen Missbrauch auszuschließen sollte als Satz 4 eine an § 569 Abs.3 Nr. 2 Satz 2 BGB angeglichene Regelung aufgenommen werden, die den besonderen Lebenslagen hinreichend Rechnung trägt.

 

Lösungsvorschlag:

In § 12 Abs.3 Satz 3 sind als Sätze 4 und 5 mit aufzunehmen: „Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren eine nach Satz 3 unwirksame Kündigung vorausgegangen ist.

 

§ 13 Nachweis von Leistungsersatz und Übernahme von Umzugskosten

 

Gesetzentwurf:

Nach § 13 Abs. 4 kann der Verbraucher den Nachweis von Leistungsersatz und Umzugskosten von allen Vertragspartnern fordern, welche überdies gesamtschuldnerisch haften.

 

Bewertung:

Die Regelung hat zur Folge, dass der Verbraucher seine Ansprüche – z.B. Umzugskosten – gegenüber jedem Unternehmer geltend machen kann, so dass der Unternehmer auch für einen Anspruch des Verbrauchers einstehen muss, den er nicht zu vertreten hat. Damit haften Unternehmer für Ansprüche, deren Entstehung sie nicht zu vertreten haben. Mit einer solchen Regelung werden sinnvolle Kooperationen von Leistungsanbietern gezielt verhindert.

 

Lösungsvorschlag:

§ 13 Abs. 4 Sätze 3 und 4 sind zu streichen.

 

§ 14 Sicherheitsleistungen

 

Sicherheitsleistungen bei Bezug von Sozialleistungen

 

Gesetzentwurf:

Nach § 14 Abs.4 kann der Leistungserbringer von Verbrauchern, die Leistungen nach dem SGB XI bzw. SGB XII beziehen, keine Sicherheitsleistung verlangen.

 

Bewertung:

Die BAGFW lehnt die Regelung ab. In der Praxis kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass bei einer Kostentragung durch öffentlich-rechtliche Kostenträger kein Bedarf für eine Kautionsregelung besteht. Die Pflegekassen zahlen die Unterkunftskosten gerade nicht. Sie zählen seit Schaffung des SGB XII auch nicht mehr zu den Leistungen der Eingliederungshilfe. Darüber hinaus dienen Sicherheitsleistungen nicht nur der Absicherung von Mietausfällen, sondern insbesondere von Aufwendungen für Renovierungen und Beschädigungen der Mietsache.

 

Lösungsvorschlag:

§ 14  Abs. 4 wird gestrichen.

 

Bewohner- und Bewerberdarlehen

 

§ 14 Abs. 2 Ziffer 3 Heimgesetz sieht sogenannte Bewohner- und Bewerberdarlehen vor. Sie waren auch noch im Referentenentwurf vorgesehen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen sind sie im Regierungsentwurf nicht mehr vorgesehen.

 

Im Bereich der Seniorenresidenzen handelt es sich hier um eine weit verbreitete und auch sehr sinnvolle Form der Mitfinanzierung von Investitionen, für die öffentliche Mittel nicht zur Verfügung stehen und Bankdarlehen unnötig teuer sind. Je Residenz bewegen sich die Einlagen von Bewerbern und Bewohnern im nennenswerten zweistelligen Millionenbereich. Wenn diese Art der Finanzierung plötzlich nicht mehr möglich wäre, müssten zahlreiche Einrichtungen in erheblichen Größenordnungen umfinanzieren und die zusätzlichen Kosten auf die Bewohnerinnen und Bewohner umlegen.

 

Lösungsvorschlag:

Eine § 14 Abs. 2 Ziffer 3 sowie Abs. 3 Heimgesetz entsprechende Regelung ist in das WBVG einzufügen.