Thesen zur Weiterentwicklung solitärer Kurzzeitpflege

Die Kurzzeitpflege hat für Menschen mit medizinisch-pflegerischem Versorgungsbedarf in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Die Kurzzeitpflege hat für Menschen mit medizinisch-pflegerischem Versorgungsbedarf in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Ursprünglich ist die Kurzzeitpflege vom Gesetzgeber im SGB XI konzipiert worden, um „für eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung“ oder in anderen Krisensituationen, in denen vorübergehend häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend ist, die Versorgung des Pflegebedürftigen sicherzustellen und zur Entlastung pflegender Angehöriger beizutragen.

Die durchschnittliche Krankenhausverweildauer geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Dadurch entstehen neue Anforderungen an eine Krankenhausnachsorge, insbesondere für Menschen mit medizinisch-pflegerischem Versorgungsbedarf. Seit 2017 besteht die Möglichkeit, Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V auch als Krankenhausnachsorge bei fehlender Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen. Für den pflegerisch-medizinischen Versorgungsbedarf in der Kurzzeitpflegeeinrichtung ist es allerdings ohne Bedeutung, ob nach einer Krankenhausbehandlung bereits ein langfristiger Unterstützungsbedarf im Sinne des SGB XI festgestellt worden ist oder ob der Pflegebedarf nur vorübergehend besteht.

Nach einer Krankenhausbehandlung ist es oft erforderlich, die persönliche Lebenssituation der veränderten gesundheitlichen Situation anzupassen. Dazu bedarf es eines kontinuierlichen Assessmentverfahrens in der Kurzzeitpflege, das neben dem aktuellen Versorgungsbedarf die individuellen Ressourcen und den perspektivischen Hilfebedarf klärt. Dazu gehört auch die Bewertung verfügbarer formeller und informeller Unterstützungspotentiale.

Die Überleitung aus der Kurzzeitpflege in eine tragfähige, längerfristige Versorgungssituation erfordert eine umfassende Beratung unter Einbeziehung der An- und Zugehörigen zur zukünftigen Lebenssituation, um eine Akzeptanz der neuen veränderten gesundheitlichen Lebenssituation zu unterstützen.

1.    Die solitäre Kurzzeitpflege übernimmt zunehmend wichtige Aufgaben im pflegerischen Versorgungssystem nach einer akuten Krankenhausbehandlung:

a) Clearing-Funktion zur zukünftigen Lebens- und Versorgungssituation, die den persönlichen Unterstützungsbedarf klärt,

b) Förderung gesundheitlicher Potentiale und Stärkung der individuellen Ressourcen ergänzend oder zur Vorbereitung einer Rehabilitationsmaßnahme,

c) Nachsorge nach einer Akutbehandlung.

2.    Die Versorgung in der solitären Kurzzeitpflege erfordert neben der medizinisch-pflegerischen Versorgung eine verstärkte Vernetzung und Kooperation mit anderen Leistungserbringern, z. B. ambulanten Pflegediensten, Logopädinnen[1], Ergotherapeutinnen, Physiotherapeutinnen, Ärztinnen, Apotheken sowie Sanitätshäusern.

3.    Die bedarfsgerechte Versorgung in der solitären Kurzzeitpflege im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung ist gekennzeichnet durch eine intensive medizinische Behandlungspflege verbunden mit aktivierenden, rehabilitativ-pflegerischen und therapeutischen sowie gesundheitsförderlichen und präventiven Maßnahmen mit dem Ziel, die Rückkehr in die eigene Häuslichkeit zu ermöglichen und eine Wiederaufnahme ins Krankenhaus zu vermeiden. Dazu kann auch eine seelsorgliche Begleitung in einer veränderten Lebenssituation gehören.

4.    Die Rekonvaleszenzzeit älterer Menschen übersteigt nicht selten den zeitlich eng befristeten Aufenthalt in einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung. Diese Einrichtungen beklagen, dass eine nicht geringe Zahl der Patienten, die aus der akuten Krankenhausbehandlung in die medizinische Rehabilitation wechseln noch nicht rehabilitationsfähig ist. Die solitäre Kurzzeitpflege kann als Übergangslösung zur Herstellung der Rehabilitationsfähigkeit nach dem Krankenhausaufenthalt beitragen.

5.    Solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen müssen entsprechend ihrer erweiterten Versorgungsaufgaben über ausreichende personelle Ressourcen verfügen. Dabei muss auch der erhöhte Organisations- und Verwaltungsaufwand durch die zahlreichen Aufnahmen und Entlassungen kranker und pflegebedürftiger Menschen in der Vergütung berücksichtigt werden.

6.    Für die Krankenhausnachsorge eignen sich insbesondere solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen, weil sie sich bei entsprechender personeller Ausstattung auf die spezifischen Bedarfe nach einer Krankenhausbehandlung einstellen können.

7.    Ein pflegegradabhängiges Vergütungssystem eignet sich nicht für solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen, weder für die Kurzzeitpflege gem. § 42 SGB XI noch für die Kurzzeitpflege gemäß § 39c SGB V.

8.    Die Einstufung von Menschen nach Krankenhausaufenthalt in den Pflegegrad 2 als vorläufigem Pflegegrad gemäß § 18 Absatz 3 Satz 6 SGB XI entspricht nicht dem tatsächlichen pflegerischen Mehraufwand nach Krankenhausaufenthalt in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung. Als vorläufige Finanzierungsgrundlage der Kurzzeitpflegeeinrichtung nach Krankenhausaufenthalt ist eine Vergütung in Höhe des Pflegegrades 4 festzusetzen. Der Mehraufwand gegenüber der stationären Dauerpflege wird in Fachkreisen auf 30 % geschätzt.[2]



[1] Wegen einer einfacheren Lesbarkeit wurde in diesem Text ausschließlich die weilbliche Form verwendet. Die männliche Form ist darin eingeschlossen.

[2] Beschluss der Landespflegesatzkommission in Bayern (69. Sitzung der LPSK am 24.01.2017 – LEV)