EU beginnt Debatte über sozialpolitische Grundsätze

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat in seiner Plenarsitzung am 17.9.2015 unter Federführung von Prof. Dr. Schlüter mit Zweidrittelmehrheit eine Initiativstellungnahme angenommen.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat in seiner Plenarsitzung am 17.9.2015 unter Federführung von Prof. Dr. Bernd Schlüter mit Zweidrittelmehrheit (130 Stimmen dafür, 46 dagegen und 10 Enthaltungen) eine Initiativstellungnahme angenommen, welche die Erarbeitung gemeinsamer sozialpolitischer Grundsätze fordert und hierfür erste konkrete Vorschläge macht.

Ziel ist es, die gemeinsamen europäischen Werte, die vertraglichen Ziele des sozialen Zusammenhalts, der Armutsbekämpfung und der sozialen Marktwirtschaft zu fördern, das Ansehen der EU zu verbessern und Sozialmigration zu vermeiden. Das Papier respektiert die Vielfalt der Sozialsysteme und macht auch keine Vorgaben für den Umfang von Sozialleistungen. Es empfiehlt vielmehr, zur Feststellung der notwendigen Existenzsicherung vergleichbare Verfahren anzuwenden und professionelle Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, zur Jugendhilfe, Pflege etc. überhaupt bereitzustellen. Es beschäftigt sich u.a. weiter mit den Themen Qualität, solidarische Finanzierung, Rechtssicherheit für Nutzer und Leistungserbringer.

Die Grundsätze sollen, u.a. durch Empfehlungen an die Mitgliedstaaten, durch finanzielle Unterstützung aus dem Europäischen Sozialfonds und durch einen gemeinsam erarbeiteten sog. „social protection floor“, einen Beitrag leisten zu einer erfolgreichen wirtschaftlichen Steuerung und Krisenbewältigung innerhalb der Europäischen Union. Sowohl für das Sozialrecht wie auch für das Europarecht bedeutet ein solcher Prozess eine grundsätzliche Neuerung, der Bemühungen u.a. in der Beschäftigungspolitik und im Arbeitsschutz vorausgegangen waren. In jüngster Zeit hat es auch aus der Europäischen Kommission vermehrte Äußerungen zugunsten eines stärkeren sozialpolitischen Engagements gegeben.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss leistet nun hierzu einen sachlichen Beitrag. Er ist ein beratendes EU-Organ mit Initiativrecht und umfasst Vertreter von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Verbraucherschutzorganisationen. Die 351 EWSA-Mitglieder verstehen sich als Stimme der Zivilgesellschaft. Prof. Dr. Bernd Schlüter ist auf Vorschlag der Bundesregierung und als Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) Mitglied des Ausschusses. Daneben ist er Rechtsanwalt und ordentlicher Professor an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin.