Stellungnahme der BAGFW zum Regierungsentwurf über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze (BT-Drucksache 16/39) und zum Entwurf des Bundesrates über den Arbeitgeber-ausgleich bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts

nach Beteiligung im Abstimmungsverfahren in der letzten Legislaturperiode zum jetzt vorliegenden Regierungsentwurf möchten wir für die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege auch den neuen Ausschussmitgliedern unsere Auffassung zu den oben bezeichneten Gesetzesentwürfen mitteilen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

nach Beteiligung im Abstimmungsverfahren in der letzten Legislaturperiode zum jetzt vorliegenden Regierungsentwurf möchten wir für die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege auch den neuen Ausschussmitgliedern unsere Auffassung zu den oben bezeichneten Gesetzesentwürfen mitteilen. Wir unterstützen den Entwurf der Bundesregierung und insbesondere die dort in § 11 Abs. 1 Nr. 4 gefundene klarstellende Regelung für die Freie Wohlfahrtspflege (Vergleiche hierzu unten Punkt 2). Den Entwurf des Bundesrates (BT-Drucksache 16/46) lehnen wir allerdings ab.

 

 

1.   Ausgleichsverfahren U2 (Mutterschutzkosten)

 

Wir unterstützen den Gesetzgebungsvorschlag, das Ausgleichsverfahren U 2 (Mutterschutzkosten) auf alle Arbeitgeber auszuweiten. Zwar geht das Bundesverfassungsgericht nicht zwingend davon aus, dass dies der einzig gangbare Weg zur Beseitigung der möglichen faktischen Benachteiligung von Frauen im Arbeitsleben ist. Aus unserer Sicht ist aber der gewählte Weg durchaus geeignet, der sozialpolitischen Zielsetzung, die Erwerbschancen der Frauen in allen Betrieben zu erhöhen und die Gefahr faktischer Diskriminierungen zu beseitigen, näher zu kommen. Wir akzeptieren daher den Wegfall der auf die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege bezogenen Ausnahmevorschrift für den Bereich des Ausgleichsverfahrens U2. 

 

 

Wir möchten allerdings auf folgendes hinweisen: Die überwiegende Zahl der Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege nimmt bisher nicht an diesem Umlageverfahren teil. Das bedeutet, dass die Einführung der neuen Umlage unmittelbar zu einer Kostensteigerung in allen sozialen Bereichen führen wird. In der Regel können diese zusätzlichen Lohnkosten nicht durch Eigenmittel aufgefangen werden. Unsere Einrichtungen befürchten, dass diese Kostensteigerung nicht in ausreichendem Maße in den verschiedenen Refinanzierungssystemen der sozialen Arbeit durch die jeweiligen Kostenträger in den Entgeltverhandlungen und im Zuwendungsbereich als verhandlungsfähige bzw. zuwendungsfähige Kosten akzeptiert werden. Wir bitten Sie daher dringend, darauf hinzuwirken, dass die neue Umlage auch bei den Kostenträgern der sozialen Arbeit in den verschiedenen Refinanzierungssystemen als berücksichtigungsfähige Kosten gesehen wird.

 

Weiterhin liegt uns daran, dass das Verfahren möglichst wenig verwaltungsaufwändig gestaltet wird. Aus diesem Grunde ist das Modell einer einheitlichen Ausgleichskasse mit einheitlichen Umlagebeiträgen begrüßenswert.

 

 

2.   Ausgleichsverfahren U1 (Entgeltfortzahlungsaufwendungen)

 

Wir freuen uns, dass in § 11 des Regierungsentwurfes im Hinblick auf das Ausgleichsverfahren U 1 (Entgeltfortzahlungsaufwendungen) die bisherige Ausnahmeregelung des § 18 Nr. 4 Lohnfortzahlungsgesetz modifiziert übernommen worden ist und unsere Anregungen aufgenommen wurden.

 

Wir haben festgestellt, dass in § 16 Abs. 4 des Entwurfes des Bundesrates (BT-Drucksache 16/46) die alte Regelung des § 18 LFZG übernommen wurde. Wir möchten nachfolgend deshalb noch mal unsere Bedenken zum Regelungsvorschlag des Bundesrates wiederholen und darauf dringen, dass in jedem Falle die von der Bundesregierung vorgeschlagene Lösung Grundlage Ihrer Entscheidung sein wird. 

 

a)   Nomenklatur

 

In § 16 Nr. 4 des Bundesratsentwurfes sind die Bezeichnungen der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege im Klammerzusatz zu aktualisieren (vergleichen Sie hierzu unseren unten ausformulierten Vorschlag).

 

b)   Klarstellung zum Begriff „Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten“

 

Anwendungsschwierigkeiten ergaben sich in der Vergangenheit aus einer unterschiedlichen Bewertung der Begriffe „ihrer Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten“. Umstritten ist, ob es sich jeweils um selbstständige oder unselbstständige Untergliederungen handeln muss mit jeweils entgegengesetzten Konsequenzen (Teilnahme oder Nichtteilnahme am Umlageverfahren). Als Beispiel hierfür verweisen wir auf das Urteil des Landessozialgerichtes Berlin (AZ: L 9 Kr 82 / 91) und das Urteil des Sozialgerichtes Koblenz (AZ: S 2 Kr 18 / 70). Folge dieser unterschiedlichen Bewertungspraxis ist, dass zum Teil regionale Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege zum Umlageverfahren zugelassen werden, zum Teil aber auch nicht zugelassen werden. Einzelne Krankenkassenbezirke lassen Untergliederungen der Freien Wohlfahrtspflege auf freiwilliger Basis zu. Die überwiegende Zahl der Einrichtungen in der Freien Wohlfahrtspflege nimmt derzeit aber nicht an den Umlageverfahren teil.

 

Nach unserer Auffassung sollte in der Ausnahmeregelung klargestellt werden, dass auch die selbstständigen Einrichtungen der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege erfasst sind.

Damit würden Streitigkeiten in Zukunft um diese Frage vermieden.

 

c)   Wahlrecht einer Teilnahme

 

Allerdings ist das Interesse an einer Teilnahme am Ausgleichsverfahren bei unseren selbstständigen Einrichtungen, die unter die U1 fallen könnten, in unterschiedlichem Ausmaß vorhanden. Dies ist abhängig vom Ausmaß der Refinanzierungsmöglichkeiten je nach Fachbereich, nach Regionen und Ländern. Diesen Einrichtungen und vor allem aber auch den Einrichtungen und Organisationen, die bereits jetzt am Ausgleichsverfahren U 2 oder U 1 beteiligt sind, sollte weiterhin die Möglichkeit bleiben bzw. neu eröffnet werden, sich zu beteiligen. Für alle Einrichtungen – ob selbstständig oder unselbstständig – sollte ein Wahlrecht eröffnet werden. Um einen Missbrauch des Wahlrechtes zu verhindern, sollte die Teilnahmeabsicht unwiderruflich schriftlich erklärt werden müssen.

 

Wir schlagen daher vor, die Ausnahmevorschrift wie im Regierungsentwurf in § 11 Abs. 4 vorgesehen zu formulieren.

 

„4. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt, Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland, Deutscher Caritasverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) einschließlich ihrer selbstständigen und nichtselbstständigen Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten, es sei denn, sie erklären schriftlich und unwiderruflich gegenüber einer Krankenkasse mit Wirkung für alle durchführenden Krankenkassen und Verbände ihre Teilnahme am Umlageverfahren nach § 1 Abs. 1.“

 

Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Anregungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen würden.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

i. V.

 

 

 

Sabina Bombien-Theilmann