Jahresbericht 2015 des Fachausschusses Kinder, Jugend, Familie und Frauen

Vorsitz: Norbert Struck, Der Paritätische

Vorsitz: Norbert Struck, Der Paritätische



1.   Kinder- und Jugendhilfe

 

Flüchtlingskinder

 

Das Schicksal von Kindern, die mit oder auch ohne Begleitung ihrer Eltern auf der Flucht Deutschland erreichen, war eines der drängendsten Themen für die BAG FW in 2015. Der Fachausschuss hat gemeinsam mit dem Fachausschuss „Migration“ eine Arbeitsgruppe zur Bearbeitung der Themen eingerichtet. Dabei stand zunächst die Befassung mit dem – mittlerweile verabschiedeten – Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer „Vorläufigen Inobhutnahme“ für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und ihrer anschließenden Umverteilung auf die Bundesländer im Vordergrund. Hierauf bezogen wurde am 10. März 2015 der „Vorschlag der BAGFW für eine geänderte Zuständigkeitsregelung: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schützen, fördern, beteiligen!“ veröffentlicht. Dieser sah die sachliche Zuständigkeit für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf der Landeseben vor, statt diese auf der kommunalen Ebene zu verankern. Dieser Ansatz wurde leider im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht aufgegriffen, was die BAGFW in ihrer Stellungnahme vom 26.Juni 2015 zum Referatsentwurf des Gesetzes kritisierte.

 

Kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag wurde am 23. September 2015 ein Workshop zum Thema „Optionen für die Evaluation des „Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher“ durchgeführt, da absehbar war dass das Gesetz massive Umsetzungsschwierigkeiten nach sich ziehen würde.

 

SGB VIII-Novelle

 

In mehreren Bund-Länder-Arbeitsgruppen werden derzeit Themen behandelt, die in eine für 2016 vorgesehene große SGB VIII-Änderung einfließen sollen.

Dabei geht es insbesondere um:

 

·         die Leistungsrechtliche Zusammenführung der Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen im Sozialgesetzbuch VIII

Im Hinblick auf die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskommission befasste sich der Fachausschuss mit der „Großen Lösung“ im SGB VIII und wirkte auf die Verabschiedung der Stellungnahme der BAGFW „Leistungsrechtliche Zusammenführung der Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen im Sozialgesetzbuch VIII“ vom 14. Januar 2015 mit.

·         Die Neuordnung des Verfahrens für Betriebserlaubnisse

Die BAG FW war an den Arbeiten der länderoffenen AG zu diesem Thema beteiligt. Anfang 2016 soll über die AGJF und JFMK das Arbeitsergebnis dem Bundesministerium vorgelegt werden.

·         Neureglungen im Hinblick auf das Pflegekinderwesen/Stärkung von Kinderrechten

Die Bund-Länder-AG zu diesem Thema wird durch die „Dialogplattform Pflegekinderwesen“, die von der IGfH koordiniert wird, unterstützt, an der sich die BAGFW beteiligt. Dabei geht es auch um Vorschläge für Neuregelungen im Zivilrecht, aber auch um Neugestaltungen im SGB VIII, durch die Rechtspositionen und Leistungen für Pflegekinder, Pflegefamilien und Herkunftseltern besser aufeinander bezogen werden sollen.

·         Steuerung und Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung

 

Der Fachausschuss hat diese nunmehr fast fünf Jahre währenden Debatten begleitet. Allerdings wurden auch in diesem Jahr keine konkreten Formulierungen für – von einigen Seiten für notwendig erachtete – Änderungen im SGB VIII vorgelegt. Deshalb treten diese Diskussionen nach wie vor im Wesentlichen auf der Stelle.

 

Qualitativer und Quantitativer Ausbau der Kindertagesbetreuung

 

Bereits November 2014 haben sich der Bund und die Länder auf ein gemeinsames Communiqué „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“ verständigt.  Vor dem Hintergrund disparater Rahmenbedingungen zwischen den Ländern soll über einen gestuften Prozess eine Verständigung über gemeinsame Qualitätsziele erfolgen. Für die Befassung mit den einzelnen Themen wurde ein Bund-Länder-Arbeitsgruppe sowie unter der Beteiligung der Dachverbände der Freien Träger und anderer Organisationen ein Expertendialog eingerichtet. Ende 2016 soll über die Ergebnisse ein erster Zwischenbericht vorgelegt werden. Die Themenschwerpunkte aus dem Communiqué wurden in 2015 in Expertendialog bearbeitet und diskutiert. Die Ergebnisse dieser Treffen wurden im Fachausschuss der BAGFW beraten. Über die Unterarbeitsgruppe Kita des Fachausschusses der BAGFW wurde der regelmäßige fachliche Austausch mit dem BMFSFJ sichergestellt. Dabei ging es um Fragen des quantitativen und qualitativen Ausbaus der Kindertagesbetreuung sowie der Initiierung, Durchführung und Begleitung von Bundesprogrammen.

 

2.   Familienpolitik

Die BAGFW hat sich auch in2015 mit der Wirkungsweise verschiedener familienpolitischen Leistungen kritisch auseinandergesetzt sowie neue Vorhaben bewertet und fachlich begleitet. Zur Vertiefung, insbesondere der familienpolitischen Themen fand am 26. Juni 2015 ein zusätzliches Treffen zwischen dem Fachausschuss der BAGFW und dem BMFSFJ statt.

 

ElterngeldPlus

 

Zum 1. Januar 2015 trat das ElterngeldPuls in Kraft. Mit dieser Ergänzung zum bestehenden Elterngeld soll ein weiter Beitrag zum Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit geleistet sowie die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen den Eltern gefördert werden. Rückmeldungen aus der Praxis ergaben einen erhöhten Beratungsaufwand sowie Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme der Leistung. Der Fachausschuss hat sich mit der Implementierung der Leistung kritisch auseinander gesetzt und seine Anregungen und Hinweise in Gesprächen mit dem BMFSFJ eingebracht.

 

„Familienpaket“

 

In 2015 wurde mit dem „Familienpaket“ ein Gesetzentwurf zu Änderungen beim Kindergeld, Kinderfreibetrag, Grundfreibetrag und Kinderzuschlag sowie beim Entlastungsbetrag für Alleinerziehende vorgelegt. Der Gesetzentwurf wurde im Fachausschuss im Hinblick auf seine Auswirkungen auf Familien bewertet. Im Ergebnis wurde deutlich, dass die hohe Armutsbetroffenheit Alleinerziehender sowie die faktische Belastung durch die verschiedenen Anrechnungsmodalitäten von Leistungen und Zahlungen auch weiterhin bestehen. Die hieraus resultierende Situation von Alleinerziehenden hat der Fachausschuss der BAGFW in seinen Arbeitszusammenhängen problematisiert und in den politischen Diskurs eingebacht.   

 

Vertrauliche Geburt

 

Die vertrauliche Geburt ist seit dem 01. Mai 2014 in Deutschland möglich. Bis März 2015 hatten insgesamt 95 Frauen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.  Der Fachausschuss hat sich mit der Umsetzung des Gesetzes intensiv beschäftigt und seine fachliche Expertise über die Vertreter/-innen der Verbände im Evaluationsbeirat, in einer Arbeitsgruppe des Deutschen Vereins sowie über einen gemeinsamen Beitrag im Magazin des Deutschen Vereins eingebracht.

 

3.   Frauen und Gleichstellungspolitik

 

Reform Sexualstrafrecht

 

Deutschland hat 2011 die Istanbul-Konvention unterzeichnet. Sie sieht gemäß Art. 36 Abs. 1 vor, dass die Vertragspartner sicherstellen, dass alle nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen unter Strafe gestellt werden. Vor diesem Hintergrund wird von Verbänden und Organisationen seit geraumer Zeit eine Reform des Sexualstrafrechts in Deutschland gefordert. Ein entsprechender Gesetzentwurf war bereits für 2015 angekündigt. Der Fachausschuss hat sich in seinen Arbeitssitzungen mit den Ansätzen und Überlegungen für eine Reform des Sexualstrafrechts auseinandersetzt.

 

CEDAW-Schattenbericht

 

Grundsätzlich ist Deutschland als CEDAW-Vertragsstaat gemäß Art 18 des CEDAW-Abkommens dazu verpflichtet, alle vier Jahre über die Entwicklungen und den Umsetzungsstand der Bekämpfung jeglicher Diskriminierungen von Frauen in Deutschland zu berichten. Der Staatenbericht wird von einem aus 23 unabhängigen Sachverständigen bestehenden Gremium, dem sogenannten "CEDAW-Ausschuss" geprüft. Ergänzend dazu werden auch Alternativ- oder Parallelberichte von Nichtregierungsorganisationen herangezogen. Die Organisation und Erarbeitung des aktuellen Alternativberichts wird in 2016 vom Deutsche Frauenrat übernommen. Der Fachausschuss hat sich mit diesem Vorhaben 2015 intensiv beschäftigt und sich über seine mittelbare Beteiligung an der Erstellung des Berichts verständigt. Die direkte Beteiligung soll in 2016 über die jeweiligen Verbände erfolgen und über den Fachausschuss begleitet werden.

Der Fachausschuss führte Gespräche u.a. mit den Kommunalen Spitzenverbänden, mit Abteilungs- und Referatsleitungen des BMFSFJ sowie der BZgA.