Jahresbericht des Fachausschusses: Kinder, Jugend, Familie und Frauen

Vorsitz: Klaus Theißen, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband

Vorsitz: Klaus Theißen, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband


Im Vorfeld der Wahlen zum Deutschen Bundestag 2013 entwickelte der Fachausschuss mit vier Kernforderungen Prüfsteine für ein zukünftiges Regierungsprogramm im Bereich der Kinder-, Jugend-, Frauen- und Familienpolitik. In 2014 ging es darum, die Erarbeitung des Koalitionsvertrages und die Umsetzung der dort benannten Vorhaben und Maßnahmen in der Arbeit der Großen Koalition gleichermaßen unterstützend wie auch kritisch zu begleiten. In Fachgesprächen mit den familienpolitischen Sprecher/innen der SPD, CDU/CSU, Die Linke, Abteilungsleitungen aus dem  BMFSFJ und Vertreter/innen der Kommunalen Spitzenverbände wurden zentrale familien-, frauen- und kinder- und jugendpolitische Themen offen und konstruktiv diskutiert und Eckpunkte einer weiteren politischen Ausgestaltung erarbeitet.


Strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen für Familien

Das besondere Augenmerk in der Begleitung der politischen Arbeit durch die BAGFW liegt auf Familien, die in sozio-ökonomisch belasteten Verhältnissen leben, und auf der Frage, wie der nach wie vor auf hohem Niveau stagnierenden Kinderarmut wirksam begegnet werden kann. Beabsichtigte Reformen wurden dahingehend überprüft, inwieweit sie tatsächlich wirtschaftliche Stabilität und Wohlergehen von Familien stärken und dazu verhelfen können, die derzeitig widersprüchlichen Zielsetzungen zwischen Beschäftigungs-, Familien- und Sozialpolitik zu überwinden. In einer gemeinsamen Positionierung nahm die BAGFW Stellung zur Reform des Bundeselterngeld - und -elternzeitgesetzes. Mit Blick auf die Ergebnisse der Gesamtevaluation ehe- und familienbezogener Leistungen fordert die BAGFW, die sozial- und steuerrechtlichen Wechselwirkungen der Leistungen in den unterschiedlichen Lebenslagen und -phasen zu harmonisieren und zu dynamisieren und ein Gesamtkonzept familienpolitischer Leistungen zu entwickeln.


Qualitätsverbesserungen in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege

Die BAGFW setzte sich in 2014 dafür ein, dass neben der Quantität auch die Qualität der Kinderförderungsangebote weiterentwickelt wird. Ziel muss es sein, bundesweit bessere Qualitätsstandards für die Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflege zu erreichen als dies bisher der Fall ist. Mit der Kampagne „Profis für die Kita“, gefördert vom BMFSFJ, unterstrichen die Verbände der BAGFW in Kooperation mit dem Runden Tisch der Berufsverbände wirksam ihre Aktivitäten im Hinblick auf die Fachkräfteentwicklung im Bereich der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung.


Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung

Das Vorhaben zur gesetzlichen Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung hat der Fachausschuss in 2014 begleitet. Die Situation junger Volljähriger („care-leaver“) wurde besonders in den Blick genommen. Die BAGFW macht sich für die Verankerung eines individuell einklagbaren Rechtsanspruchs auf weiterführende Hilfen für diesen Personenkreis stark.


Gewalt gegen Frauen

Gemäß einer ihrer Kernforderungen im Bereich der Kinder-, Jugend-, Frauen- und Familienpolitik fordert die BAGFW weiterhin die Einrichtung eines Rechtsanspruchs auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder sowie eine finanzielle Beteiligung des Bundes für das gesamte Hilfe- und Unterstützungssystems. Weiterhin ist eine Verständigung über die Qualitätsstandards für die Arbeit in Frauenhäusern und Fachberatungsstellen für gewaltbetroffene Frauen nötig, um eine qualitativ hochwertige Arbeit zu gewährleisten.


Vertrauliche Geburt

Das im Mai 2014 in Kraft getretene Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt hat neue Qualifzierungsanforderungen an die Schwangerschaftsberatungsstellen gestellt. Die Verbände haben sich intensiv an der Erarbeitung eines Curriculums zur Qualifizierung der Fachkräfte beteiligt. Das Curriculum wird voraussichtlich im Frühjahr 2015 vorliegen. In der Umsetzung des Gesetzes haben sich die Träger der Freien Wohlfahrtspflege dafür ausgesprochen, in allen Beratungsstellen wenigstens eine Fachkraft zur vertraulichen Geburt zu qualifizieren, damit eine lückenlose Versorgung der ratsuchenden Frauen mit Anonymitätswunsch gesichert ist. An der Weiterentwicklung der Kampagne zur Bekanntmachung der Angebote der Schwangerschaftsberatungsstellen waren die Verbände (in Zusammenarbeit mit dem BMFSFJ und der BZgA) ebenso beteiligt.


Demografiestrategie der Bundesregierung

Auch in der neuen Legislaturperiode setzt die Bundesregierung ressortübergreifend und unter Beteiligung von Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden Maßnahmen und Strategien zur Bewältigung der demografischen Entwicklung in Deutschland fort. Insbesondere die Arbeitsgruppen „Jugend gestaltet Zukunft“ und „Starke Partner für Familien“ werden durch den Fachausschuss aktiv in der Entwicklung geeigneter demografiepolitischer Aktivitäten und Maßnahmen begleitet und unterstützt.


„Große Lösung“

Der Fachausschuss hat in Kooperation mit dem Fachausschuss Behindertenhilfe ein Positionspapier zur sog. „Großen Lösung“ erarbeitet.


Eigenständige Jugendpolitik

Die Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik ist ein Prozess, der darauf abzielt, Jugendpolitik in Deutschland als ein erkennbares Politikfeld mit einem eigenen Selbstverständnis und als gesellschaftliche Querschnittsaufgabe zu verankern. Weil in den bestehenden globalen Kontexten Jugendpolitik nicht mehr allein innerhalb nationaler Grenzen gesehen werden kann, begleitete der Fachausschuss auch 2014 über eine Mitwirkung im Beirat zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie in Deutschland die Entwicklung tragfähiger Lösungen auf europäischer Ebene. In Gesprächen mit dem Referatsleiter Jugendpolitik des BMFSFJ wurden die zukünftigen Strategien zur Umsetzung einer „Eigenständigen Jugendpolitik“ erörtert.


Kooperationen/Kooperationsgespräche

In der AGJ und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung findet die BAGFW seit vielen Jahren verlässliche Kooperationspartner. Turnusgemäß erfolgten daher auch in 2014 Kooperationsgespräche mit dem Vorstand der AGJ und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die auf eine strategische Abstimmung zur zukünftigen Gestaltung der gemeinsamen Arbeit gerichtet waren.


Künftige Schwerpunkte und Tendenzen

Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation junger Flüchtlinge und ihrer Familien in Deutschland ist dringlicher Handlungsbedarf offenkundig. Unter der Maßgabe der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, die auf Schutz, Förderung und Beteiligung aller Kinder zielt, wirkt der Fachausschuss mit der Erarbeitung einer gemeinsamen Positionierung auf eine Umsetzung des Vorrangs des Kindeswohls bei allen Maßnahmen für minderjährige Flüchtlinge und einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Sozialleistungen hin. Weiterhin wird die BAGFW auch im kommenden Jahr die Umsetzung der familienpolitischen Zielsetzungen und Maßnahmen der Bundesregierung kritisch begleiten und sich auch zukünftig aktiv in den bundesweiten Diskurs zur Verbesserung der Qualität in der Bildung, Erziehung und Betreuung kleiner Kinder einbringen. Schließlich wird der Fachausschuss die weiteren Diskussionen im Kontext der Umsetzung der „Großen Lösung“ im SGB VIII und der Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung eng und kritisch-konstruktiv begleiten.