Positionierung der BAGFW zum Änderungsbedarf zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege nimmt das aktuelle Gesetzgebungsverfahren eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts zum Anlass, auf folgenden Änderungsbedarf in der Freistellungs-Verordnung (FrStllg) hinzuweisen.

Zu gewährleisten ist, dass pflegebedürftige Menschen und kranke hilfebedürftige Menschen, die zur ambulanten bzw. teilstationären Behandlung, Pflege, Betreuung oder Beschäftigung befördert bzw. gebracht werden müssen, den in § 1 Nummer 4 e) und g) genannten Personengruppen kranker Menschen, die von Krankenwagen transportiert werden oder von Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderungen, die mit dem Fahrdienst der Einrichtung transportiert werden, gleichgestellt werden.

Von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes sind in der entsprechenden aktuellen Freistellungs-Verordnung (FrStllgV) u. A. nur die folgenden Beförderungen ausgenommen:

e)   von Kranken aus Gründen der Beschäftigungstherapie oder zu sonstigen Behandlungszwecken durch Krankenhäuser oder Heilanstalten mit eigenen Kraftfahrzeugen, […]

g)   von körperlich, geistig oder seelisch behinderten Personen mit Kraftfahrzeugen zu und von Einrichtungen, die der Betreuung dieser Personenkreise dienen, […]

Anbietern einer Tagespflege nach § 41 SGB XI wird jedoch eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz abverlangt und für jede Fahrerinnen und jeden Fahrer eine zusätzliche Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, wenn sie Pflegebedürftige von der Wohnung zur Tagespflegeeinrichtung und zurück befördern, obwohl sie gesetzlich verpflichtet sind, diesen Fahrdienst zu gewährleisten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2019 – 1 B 7.18). Ebenso braucht eine ambulante Rehabilitationseinrichtung eine Genehmigung plus entsprechende Personenbeförderungsscheine, wenn sie Kranke mit dem eigenen Fahrdienst zur Einrichtung und zurück befördert (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 08.05.2019 - 10 C 1.19).

Tenor in beiden Fällen: Es obliege dem Verordnungsgeber, den Wortlaut der Freistellungsverordnung anzupassen.

Zudem konterkarieren personenbezogene Beförderungsvoraussetzungen insbesondere im Rahmen der ambulanten Angebote zur Unterstützung im Alltag bzw. auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung ein Bezugspflegekonzept, aber auch zugleich den flexiblen Einsatz des ohnehin knappen Personals, da aus Wirtschaftlichkeitsgründen nachvollziehbar nicht sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer ambulanten Pflegeeinrichtung einen Personenbeförderungsschein erwerben (und aufrecht erhalten) können.

All dies stellt einen enormen personellen, zeitlichen, administrativen und monetären Aufwand für die Einrichtungen dar. Personal und Zeit, die nicht für die Pflege, Betreuung oder Behandlung der Pflegebedürftigen bzw. kranken hilfebedürftigen Menschen eingesetzt werden können. Es wird zudem ein Geldfluss aus dem System bzw. für die Erhebung von erhöhten Leistungsentgelten für den PBefG-Zusatzaufwand manifestiert, der das Sachleistungsbudget nach dem SGB XI schmälert bzw. als Privatzahlung zu entrichten ist und damit für direkte Leistungen der Pflege, Betreuung und Behandlung nicht zur Verfügung steht.

Die Freistellungsverordnung wurde erstmalig 1961 erlassen, mithin zu einer Zeit, in der moderne Tagespflegeeinrichtungen, ambulante Betreuungsangebote von Pflegeeinrichtungen und ambulante Rehabilitationseinrichtungen noch nicht existierten. Es ist an der Zeit, sie entsprechend zu modernisieren und auf die Einrichtungstypen, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, wie Tagespflegen und ambulanten Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen anzupassen und insbesondere den völlig überholten Begriff der „Heil- und Pflegeanstalten“ in der FreistellungsVO, der keine teilstationären oder gar ambulanten Versorgungsformen kennt, bedarfsgerecht zu novellieren.

Die BAGFW fordert daher eine Änderung der Freistellungsverordnung zum Personenbeförderungsgesetz vorzunehmen. Ziel sollte sein, auch die Beförderung von pflegebedürftigen, kranken und ähnlich hilfsbedürftigen Personen mit Kraftfahrzeugen zu, durch und von Einrichtungen, die der Betreuung oder Behandlung dieser Personenkreise dienen, von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes zu befreien.

Änderungsbedarf:

§ 1 Nummer 4 g) FrStllgV soll lauten:

g)   von körperlich, geistig oder seelisch behinderten, pflegebedürftigen, kranken und ähnlich hilfsbedürftigen Personen mit Kraftfahrzeugen zu, durch und von Einrichtungen, die der Betreuung, Pflege, Beschäftigung oder Behandlung dieser Personenkreise dienen, […]
es sei denn, dass von den Beförderten ein Entgelt zu entrichten ist; eine Entgeltentrichtung von den Beförderten, sofern diese den in § 5 Abs. 2 Satz 1 Bundesreisekostengesetz genannten Betrag je Kilometer zurückgelegter Strecke nicht übersteigt oder die Erhebung von Wegepauschalen, die in einer Vergütungsvereinbarung mit einem Leistungsträger vereinbart oder von diesem anerkannt worden sind, ist als Wegstreckenentschädigung unschädlich.