Jahresbericht 2022 des Fachausschusses Arbeitsmarktpolitik und Grundsicherung

Vorsitz: Elena Weber, Diakonie Deutschland

Die Arbeit des Fachausschusses war 2022 geprägt von drei größeren Schwerpunkten:

  • der Bewertung und Auseinandersetzung mit dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung und den darin enthaltenen oder fehlenden Reformvorhaben im Bereich Arbeitsmarktpolitik und Grundsicherung,
  • den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Erreichbarkeit von Jobcentern für Hilfesuchende sowie
  • die Bürgergeld-Reform.

Neuer Koalitionsvertrag und Reformvorhaben im Bereich Arbeitsmarktpolitik und Grundsicherung

Der Koalitionsvertrag adressiert zahlreiche Themen, die im Fachausschuss bearbeitet wurden, zu denen Forderungen der BAGFW vorliegen und solche, die einer vertieften Auseinandersetzung des Fachausschusses bedürfen. Priorisiert bearbeitet und begleitet in der laufenden Legislaturperiode werden im FA die Themen Reform des SGB II / Bürgergeld, die Neuausrichtung der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die Weiterentwicklung des Sozialen Arbeitsmarktes.

Erreichbarkeit von Jobcentern und Arbeitsagenturen

Der Fachausschuss hat die sozialen Beratungsstellen der Verbände der BAGFW in zwei Umfragen (März und Juni 2022) nach der Erreichbarkeit von Jobcentern und Arbeitsagenturen für Leistungsberechtigte und Hilfesuchende befragt. Grund waren zahlreiche Problemmeldungen aus der Praxis, dass viele Jobcenter und Arbeitsagenturen im Zuge der coronabedingten Kontaktbeschränkungen ihre Erreichbarkeit stark eingeschränkt haben. Die Befragungen  haben ergeben, dass Jobcenter und Arbeitsagenturen auch noch im Sommer 2022 für Hilfesuchende nur eingeschränkt erreichbar waren, zum Teil mit gravierenden Folgen: Problemlagen für Hilfesuchende verschärfen sich und es kommt zu verspätetem Bezug von Leistungen der Existenzsicherung, was bis zum Verlust der Wohnung führen kann. Die BAGFW adressierte diese Problematik in politischen Gesprächen und appellierte an Bundesminister Heil, eine bessere Erreichbarkeit von Jobcentern für alle Leistungsberechtigten und angemessene Corona-Schutzvorkehrungen für den Winter sicherzustellen und wies darauf hin, dass eine Kommunikation auf Augenhöhe, wie sie durch die Bürgergeldreform versprochen wird, voraussetze, dass alle Leistungsberechtigten ihr Jobcenter unkompliziert erreichen können.

Bürgergeld-Gesetz

Ende 2022 wurde das erste Bürgergeld-Gesetz verabschiedet und damit ein Teil der von der Koalition versprochenen Reform der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Das Gesetz bringt aus Sicht der BAGFW viele Verbesserungen für Leistungsberechtigte, wie z.B. die Karenzzeiten bei der Prüfung von Vermögen und Angemessenheit des Wohnraums oder die Abschaffung des Vorrangs der Vermittlung vor Weiterbildung. Allerdings ist eine von der BAGFW geforderte grundlegende Überarbeitung der Regelsatzermittlung ausgeblieben. Die BAGFW hat die Reform im Gesetzgebungsprozess durch Stellungnahmen, politische Gespräche mit arbeitsmarktpolitischen Sprecher*innen und Berichterstatter*innen unterschiedlicher Fraktionen begleitet und die dringend notwendige Reform grundsätzlich begrüßt. Zusätzlich zu einer Stellungnahme der BAGFW wurden ergänzende einzelverbandliche Stellungnahmen eingereicht, in denen insbesondere die Punkte ausführlich kommentiert wurden, zu denen es in der BAGFW nur eine grundständige gemeinsame Bewertung gibt.