Stellungnahme der BAGFW zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes (BABAbgAnpG)

Mit dem Gesetzentwurf sollen die Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgelds vereinfacht und der Verwaltungsaufwand reduziert werden.

Die BAGFW bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie bittet darum, den Verbänden zukünftig mindestens eine Frist von zwei Wochen einzuräumen, um beispielsweise auch die Expertise der Fachverbände einbringen zu können. Wir gehen davon aus, dass wir im weiteren Gesetzgebungsverfahren ggf. zusätzliche Aspekte einbringen können.

Mit dem Gesetzentwurf sollen die Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgelds vereinfacht und der Verwaltungsaufwand reduziert werden. Diese Leistungen dienen der Sicherung des Lebensunterhalts von Auszubildenden während der Berufsausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Sie verfolgen damit den gleichen Zweck wie die Leistungen des BAföG, das ebenfalls aktuell geändert wird. Beide Leistungssysteme sollen harmonisiert werden. Die Leistungen für Auszubildende mit Behinderung werden ebenfalls an das Leistungssystem des BAföG angepasst. Das Ausbildungsgeld wird strukturell vereinfacht.

Die BAGFW teilt das Anliegen, den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und die Leistungen für Schüler/Innen, Auszubildende und Studierende im BAföG bzw. SGB III weitgehend zu harmonisieren. Die Wohlfahrtsverbände sehen es positiv, dass die aktuelle BAföG-Novelle (26. BAföG-ÄndG) höhere Bedarfssätze und Freibeträge vorsieht. Wünschenswert wäre jedoch eine regelhafte Dynamisierung der Bedarfssätze im BAföG und damit verknüpft im SGB III, um die kontinuierliche Steigerung der Lebenshaltungskosten realitätsgerecht abzubilden.

Grundsätzlich möchte die BAGFW einwenden, dass die Vorschläge zur BAföG-Novellierung eine unzureichende Anpassung der finanziellen Ausstattung von Fachschüler/innen und Studierenden darstellen. Die Anpassungen der Grundbedarfssätze des BAföG sind, den Daten der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes folgend, nicht bedarfsdeckend und entsprechen in Bezug auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten keiner – aus Sicht der BAGFW erforderlichen – realen Erhöhung. Auch die Anhebung der Wohnkostenpauschale ist unzureichend und reicht vielerorts nicht für die Deckung der Mietkosten aus, was eine freie Wahl des Ausbildungsstandortes unabhängig von der finanziellen Ausbildungssicherung beeinträchtigt. Insbesondere an der Schnittstelle zwischen SGB II und BAföG/BAB plädieren die Wohlfahrtsverbände dafür, die vorgelagerten Sicherungssysteme zu stärken und bedarfsgerecht auszubauen und nicht auf das SGB II verweisen zu müssen.

Im Einzelnen nimmt die BAGFW wie folgt Stellung:


1.   
Zuschuss bei Einstiegsqualifizierung (§ 54a SGB III neu)

Der Zuschuss, den Arbeitgeber für eine betriebliche Einstiegsqualifizierung bekommen, orientiert sich am monatlichen Bedarf für Schüler nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG. Der Betrag wird in Folge der Erhöhung im BAföG auch im SGB III erhöht; von derzeit 231 Euro auf 243 Euro. Es wäre sinnvoller, statt eines Betrags an dieser Stelle mit der systematischen Verweisung auf die entsprechende BAföG-Norm zu arbeiten, so wie dies im Zuge des Gesetzes an vielen anderen Stellen im SGB III erfolgt. Die BAGFW regt an, auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG zu verweisen, damit künftige Änderungen automatisch auch im SGB III wirksam werden.


2.    Bedarf für Unterkunft für Auszubildende bzw. BvB-Teilnehmende außerhalb des Elternhauses (§§ 61, 62 SGB III neu)

Die Unterkunftsbedarfe für Auszubildende bzw. BvB-Teilnehmende außerhalb des Elternhauses werden als einheitliche Pauschale nach den Regelungen des BAföG gewährt. Künftig geschieht dies durch einen direkten Verweis auf die entsprechenden BAföG-Regelungen. Bisher konnte der Pauschal-Grundbetrag bedarfsabhängig bis zur Höhe des einheitlichen Pauschalbetrags nach dem BAföG aufgestockt werden.

Eine Harmonisierung der Förderleistungen für Menschen in Ausbildung bzw. Studium ist zwar sinnvoll. Und es ist grundsätzlich positiv zu sehen, dass im Zuge der aktuellen BAföG-Novelle (26. BAföG-ÄndG) die Wohnpauschale deutlich erhöht (von aktuell 250 Euro auf 325 Euro monatlich) werden soll. Allerdings wird mit dieser Erhöhung die nach der 21. Sozialerhebung 2016 ermittelte durchschnittliche Miete von 325 Euro gerade ausgeglichen und bleibt die zwischenzeitliche Mietentwicklung seit 2016, die vor allem Studienanfänger/-innen bzw. Studierende in den unteren Semestern trifft, unberücksichtigt. Eine bundeseinheitliche Pauschale für Unterkunftsbedarfe ermöglicht es zudem nicht, die regionalen Unterschiede des Mietpreisniveaus zu berücksichtigen. Leistungsempfänger mit hohen Unterkunftskosten müssen ergänzende SGB II-Leistungen beantragen. Die Verwaltungsvereinfachung bei den Agenturen für Arbeit geht damit zulasten der Leistungsberechtigten und der Jobcenter. Unnötige Bürokratie könnte vielmehr dadurch vermieden werden, indem das regionale Mietpreisniveau im Rahmen der Unterkunftsleistungen des BAföG bzw. SGB III berücksichtigt wird.

 

3.    Aufwendungen für Arbeitsbekleidung und Kinderbetreuung (§ 64 SGB III neu)

Die BAGFW begrüßt die Erhöhung, die entsprechende Anpassungen im BAföG nachvollzieht. Sie regt jedoch an, statt einer konkreten Bezifferung mit einem Verweis auf die entsprechende BAföG-Norm zu arbeiten. So würden künftige Änderungen automatisch auch im SGB III wirksam.

 

4.    Zuschuss zur Ausbildungsvergütung bei außerbetrieblicher Ausbildung (§ 79 Abs. 2 Satz 1 SGB III neu)

Der Zuschuss zur Ausbildungsvergütung bei einer außerbetrieblichen Berufsausbildung wird auf die Höhe der BAföG-Leistung für Fachschüler/-innen, die bereits eine Berufsausbildung absolviert haben, begrenzt. Leider bleibt damit eine Sonderregelung außerhalb der Mindestausbildungsvergütung (§ 17 BBiMoG) bestehen.

Die BAGFW fordert, in § 79 Abs. 2 Satz 1 SGB III neu Bezug auf die im § 17 BBiMoG zukünftig festgelegte Mindestausbildungsvergütung zu nehmen und damit für eine einheitliche Untergrenze in allen dualen Berufsausbildungssettings zu sorgen.

Außerdem fordert die BAGFW, das Antragsverfahren zu überprüfen, zu vereinfachen und die Regelungen bedarfsgerecht zu optimieren.

 

5.    Kosten für auswärtige Unterbringung und für Verpflegung (§§ 86, 128 SGB III neu)

Die Unterkunfts- und Verpflegungskosten bei auswärtiger Unterbringung werden aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung erhöht. Die entsprechende Pauschalen für Menschen mit Behinderung (§ 128 SGB III) werden zur Vereinfachung und Gleichbehandlung an die Pauschalen des § 86 SGB III neu angeglichen. Dadurch erhöhen sich die Leistungen für Menschen mit Behinderung. Es ist positiv, dass hinsichtlich der Pauschalen künftig nicht mehr zwischen Menschen mit und ohne Behinderung unterschieden wird. Ein behinderungsbedingter Mehrbedarf kann weiterhin geltend gemacht werden.

 

6.    Berufsausbildungsbeihilfe für behinderte Auszubildende unter 18 Jahren im Haushalt der Eltern/eines Elternteils (§ 116 Abs. 4 SGB III neu)

Auszubildende mit Behinderung, die jünger als 18 Jahre sind, erhalten Ausbildungsgeld, wenn sie außerhalb des Haushalts ihrer Eltern oder eines Elternteils wohnen und die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils in angemessener Zeit erreichbar ist. Die Höhe des Ausbildungsgeldes ist in diesem Fall jedoch auf den Betrag begrenzt, den behinderte Auszubildende erhielten, wenn sie bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen würden. Für Menschen mit Behinderung, die Berufsausbildungsbeihilfe beziehen, fehlt bislang eine entsprechende Regelung. Diese wird nun im neuen § 116 Abs. 4 geschaffen. Die BAGFW begrüßt, dass so eine bestehende Regelungslücke geschlossen wird.

 

7.    Ausbildungsgeld bei Berufsausbildung und Unterstützter Beschäftigung (§ 123 SGB II neu) sowie bei BvB und Grundausbildung (§ 124 SGB III neu)

Die Struktur des Ausbildungsgelds für Auszubildende mit Behinderungen wird an die Bedarfssatzstruktur der Berufsausbildungsbeihilfe angeglichen und künftig nicht mehr von Alter, Familienstand, Unterbringungsformen und Erreichbarkeit der Ausbildungsstätte abhängig gemacht. Für das Ausbildungsgeld bei Berufsausbildung und unterstützter Beschäftigung gilt zukünftig der Bedarf, der gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BAföG auch Auszubildenden an Fachschulklasse, Abendgymnasien und Kollegs zugestanden wird, bei Wohnheim- bzw. Internatsunterbringung monatlich 117 Euro. Dies ist grundsätzlich positiv, weil diese Unterscheidungskriterien nicht mit einer Behinderung zu erklären waren.

Auch die Bedarfssätze bei einer BvB und einer Grundausbildung werden neu festgesetzt und systematisiert und dabei an die Höhe der BAföG-Sätze angepasst. Das Ausbildungsgeld bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen und bei Grundausbildung wird zukünftig entsprechend des Bedarfs für Schüler von Berufsfachschulen und Fachschulklassen (derzeit 231 Euro) angesetzt. Der Gleichlauf der Leistungen nach §§ 123, 124 SGB III mit dem BAföG wird durch einen Verweis auf die Vorschriften des BAföG sichergestellt, so dass Änderungen der dortigen Leistungssätze automatisch im SGB III nachvollzogen werden. Dadurch werden die Leistungen der beiden Fördersysteme harmonisiert. Allerdings sind die erhöhten BAföG-Sätze immer noch nicht bedarfsgerecht.

Wie schon bei dem Zuschuss zur Ausbildungsvergütung in außerbetrieblichen Berufsausbildungen fordert die BAGFW, dass für alle Auszubildende – und damit auch für alle Auszubildenden mit Behinderung – die im BBiG noch zu regelnde Mindestausbildungsvergütung Anwendung findet.

Positiv ist die Erhöhung des Bedarfssatzes für Teilnehmende an einer InbeQ auf den Bedarfssatz bei einer Berufsausbildung. Dies wird der Tatsache gerecht, dass die Teilnehmenden einer InbeQ aufgrund ihres höheren Alters eher mit Auszubildenden gleichzusetzen sind als mit BvB-Teilnehmenden.

Die Problematik der pauschalierten Leistungen für Unterkunft wurde unter Punkt 2. angesprochen und gilt auch hier.

 

8.    Ausbildungsgeld für Teilnehmende im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer anerkannten WfbM oder bei anderen Leistungsanbietern nach § 60 SGB IX (§ 125 SGB III neu)

Die BAGFW begrüßt die Erhöhung des Ausbildungsgelds für Teilnehmende im Eingangsverfahren/Berufsbildungsbereich einer WfbM und bei vergleichbaren Maßnahmen anderer Leistungsanbieter und den Verzicht auf die Jahresdifferenzierung.