Positionspapier der BAGFW: Die Umsetzung der Reform des Betreuungsrechtes ist in Gefahr

Die Reform des Betreuungsrechtes ist ein Meilenstein in der Umsetzung der UN-BRK. Mit ihr soll das Selbstbestimmungsrecht der Betreuten gestärkt werden.
  • Kostenexplosion bei den Betreuungsvereinen
  • Unzureichende Regelungen in einigen Bundesländern zur Finanzierung der Querschnittsaufgaben

 

Die Reform des Betreuungsrechtes ist ein Meilenstein in der Umsetzung der UN-BRK. Mit ihr soll das Selbstbestimmungsrecht der Betreuten gestärkt werden. Die BAGFW hat den Diskussionsprozess und das Gesetzesverfahren aktiv und konstruktiv begleitet. Wir werden auch die Umsetzung mit aller Kraft unterstützen. Das kann aber nur gelingen, wenn alle Akteure ihre gesetzlichen Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen können.

Betreuungsvereine stehen gerade vor unlösbaren Problemen. Die aktuelle Kostenexplosion (Tariferhöhungen, Energiekosen, Inflation) kann durch die derzeit gültigen Pauschalen im VBVG nicht mehr aufgefangen werden. Die geplante Evaluierung des Gesetzes Ende 2024 mit in Aussicht stehenden Erhöhungen der Pauschalen kommt für die Betreuungsvereine zu spät.

Die Umsetzung des § 17 BtOG (bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung der Betreuungsvereine für die Querschnittsaufgaben) gelingt leider nicht in allen Bundesländern. Einige Länder haben noch keine Regelungen getroffen.

Um die mit der Reform einhergehende anspruchsvolle Arbeit vornehmen zu können, ist es unerlässlich, die im Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) 2019 festgelegte Vergütung schnellstmöglich an die tatsächliche Tarifentwicklung und die von der Energiekrise ausgelöste gegenwärtige extreme Kostenentwicklung anzupassen.

Wir haben bereits 2019 auf die dringende Notwendigkeit hingewiesen, die Vergütung in Relation zu den Tariferhöhungen bzw. zu erwartenden Preissteigerungen zu dynamisieren und den sehr langen Evaluationszeitraum von 5 Jahren herabzusetzen. Sowohl bei der VBVG-Anpassung als auch im Kontext mit der Betreuungsrechtsreform, ist eine solche Korrektur ausdrücklich abgelehnt worden. Seither hat die derzeitige inflationäre Preisentwicklung unsere Befürchtungen, auf die wir unsere damalige Forderung gestützt haben, umso mehr bestätigt.

Abgesehen davon, dass die durchschnittliche Erhöhung der Vergütungssätze von 2019 um durchschnittlich 17 % für die Vereine real nur 11-13 % ausmachen - ist diese Erhöhung in ihrer Wirkung durch die aktuellen Entwicklungen bereits verpufft. Die Energiekrise und die damit einher gehende Inflationssteigerung lassen keinen Spielraum mehr, um normale Lohnentwicklungen, d.h. -steigerungen, aufzufangen. Doch wird es bei den diesjährigen Tarifrunden nicht bei normalen Lohnsteigerungen bleiben: für den Öffentlichen Dienst haben die verhandelnden Gewerkschaften mindestens 10 % Lohnerhöhung gefordert. Die Träger der Freien Wohlfahrtspflege orientieren sich bei ihren Tarifverhandlungen an den Abschlüssen im Öffentlichen Dienst. Damit kommen auch auf die Betreuungsvereine in Trägerschaft von Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege ähnlich hohe Entgeltsteigerungen zu.

Die aktuelle Situation ist für die Betreuungsvereine damit noch erheblich bedrohlicher, als sie es bereits vor der VBVG-Reform 2019 war. Ohne eine zeitnahe Anpassung der Vergütung an die aktuellen Entwicklungen werden wir die genannten Mehrkosten nicht bestreiten können. Dies wiederum wird dazu führen, dass viele unserer Betreuungsvereine die kommenden knapp zwei Jahre bis zur gesetzlich vorgesehenen Evaluation wirtschaftlich nicht überleben werden.

Wir fordern daher, schnellstmöglich ein Gesetzgebungsverfahren anzustoßen, um die aktuelle Tarif- und Preisentwicklung im VBVG abzubilden und so ein Überleben der Betreuungsvereine bis zum Vorliegen der Evaluierungsergebnisse und der dann notwendigen Anpassung zu ermöglichen.

Bund und Länder sind gleichermaßen in der Verantwortung dafür zu sorgen, dass die Betreuungsrechtsreform ein Erfolg wird und damit auch ihre positive Wirkung bei den Betreuten entfalten kann. Dies kann nur gelingen, wenn die Betreuungsvereine die ihnen vom Gesetz zugedachte, entscheidende Rolle wahrnehmen können und nicht dem finanziellen Untergang preisgegeben werden.