Positionspapier der BAGFW und des DGB zu den überarbeiteten Vorschlägen der EU-Kommission zum MFR 2021-2027, dem Wiederaufbauinstrument und dem ESF+

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßen den neuen Vorschlag der Europäischen Kommission für einen starken EU-Haushalt, der sich an den langfristigen Zielen der EU orientiert, und zusätzliche Fördermittel über das Wiederaufbauinstrument. Mit großer Sorge werden jedoch die vorgeschlagenen Kürzungen am Europäischen Sozialfonds+ betrachtet.

Im Mai 2018 hat die EU-Kommission ihre Vorschläge für einen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 sowie Vorschläge für Verordnungen der verschiedenen Förderprogramme der nächsten Förderperiode vorgelegt. Dabei ist der ESF+ das wichtigste Instrument, um die Europäische Säule sozialer Rechte umzusetzen. Auf dieser Grundlage haben die EU-Mitgliedstaaten die Programmierung der Strukturfonds und die Erarbeitung der Partnerschaftsvereinbarungen begonnen. Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat die EU-Kommission am 27. Mai 2020 einen überarbeiteten Vorschlag für den MFR 2021-2027, der von einem Wiederaufbauinstrument in Höhe von 750 Mrd. Euro ergänzt wird, sowie Änderungen an einigen sektorspezifischen Verordnungen vorgestellt.

 

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßen einen starken EU-Haushalt, der sich an den langfristigen Zielen der EU orientiert, und zusätzliche Fördermittel über das Wiederaufbauinstrument. Um die europäischen Gesellschaften und Sozial- wie Gesundheitssysteme krisenfest zu gestalten, müssen diese Gelder jedoch neben dem wirtschaftlichen Wiederaufbau auch in Organisationen der Zivilgesellschaft, die Verbände und gemeinnützige Sozialunternehmen investiert werden. 

 

Der an der Europäischen Säule sozialer Rechte ausgerichtete ESF+ investiert in die Themen Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, fairen Arbeitsbedingungen, Sozialschutz und sozialer Inklusion. Die zusätzlichen Mittel für die Strukturfonds über das Wiederaufbauinstrument verfolgen mit der akuten Krisenbewältigung eine andere Zielsetzung als der ESF+, der längerfristig soziale Verwerfungen bekämpft. Der ESF+ darf daher unter keinen Umständen in der neuen Förderperiode gekürzt werden!

 

Mit Blick auf den Europäischen Sozialfonds ESF+ sehen wir in sieben Punkten dringenden Änderungsbedarf, die im angehängten Positionspapier genauer erläutert werden. Unsere wichtigsten Forderungen hier im Überblick

 

 

  1. Das Gesamtbudget des ESF+ darf nicht weiter gekürzt werden, um die langfristigen sozialen Folgen der COVID-10-Pandemie, aber auch den Strukturwandel abzufedern und Armut zu bekämpfen. BAGFW und DGB begrüßen ausdrücklich die Stärkung der laufenden Fonds ESF, EHAP und EFRE durch zusätzliche Mittel des Programmes REACT-EU für die Förderperiode 2014-2020. Während REACT-EU die aktuell akuten Probleme der COVID-19-Pandemie lindert („Notfallgeld“), soll der ESF+ die langfristigen Folgen und soziale Verwerfungen abfedern. Beide Fonds haben also unterschiedliche Zielsetzungen und können nicht gleichgesetzt bzw. additiv verrechnet werden.
  2. Die vorgesehenen Kürzungen der EU-Kofinanzierungssätze sind nicht akzeptabel und bringen die projektumsetzenden zivilgesellschaftlichen Organisationen, Unternehmen oder Kommunen in finanzielle Schwierigkeiten. Viele Begünstigte können unter den derzeitigen Förderbedingungen die Gegenfinanzierung schon kaum beibringen. BAGFW und DGB fordern deshalb, eine Förderquote mindestens in Höhe der laufenden Förderperiode zu garantieren.
  3. Der vorgeschlagene verpflichtende Transfer von ESF+ - und EFRE-Geldern in den Just Transition Fund kann zu einer weiteren erheblichen Kürzung des ESF+ führen, was unbedingt verhindert werden soll. Deshalb lehnen BAGFW und DGB einen verpflichtenden Hebel zur Umschichtung ab. Um Synergien zwischen den Fonds zu stärken, sollten ESF+ und EFRE stattdessen innerhalb ihrer Zielsetzung den Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft flankieren.