Jahresbericht 2020 des Fachausschusses Migration und Integration

Vorsitz: Nadja Saborowski, DRK

Der Schwerpunkt der Aktivitäten des Fachausschusses für Migration und Integration lag 2020 auf der Vertretung der Interessen von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie. Entsprechend wurden diverse politische Gespräche, unter anderem mit dem Bundesinnenministerium und der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration, zu den Auswirkungen und Herausforderungen der Pandemie geführt. Hierbei konnten wichtige praxisrelevante Problemstellungen, wie etwa der Zugang zu Behörden und die Situation in Unterbringungseinrichtungen, eingebracht werden.  

Wie in den Vorjahren setzte sich der Fachausschuss weiter für die Finanzierung einer behörden-unabhängigen Asylverfahrensberatung durch Bundesmittel ein. Die Beratungsangebote der Verbände im Bereich des Asylverfahrens werden nach wie vor aus unterschiedlichsten Mitteln finanziert und sahen sich im vergangen Jahr einer Ausweitung der Asylverfahrensberatung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gegenüber. In mehreren Gesprächen mit dem Bundesamt sowie mit Mitgliedern des Bundestages zeigte sich, dass die Debatte durch ein abweichendes Begriffsverständnis erschwert wird. Es galt und gilt weiterhin, im Dialog mit dem Bundesamt an Gemeinsamkeiten, wie etwa Mindeststandards in der Beratung, anzuknüpfen und gleichzeitig die vorhandenen Unterschiede und den Bedarf einer bundesfinanzierten Asylverfahrensberatung durch die Wohlfahrtsverbände gegenüber den Entscheidungsträgern herauszuarbeiten.

Ein weiterer Fokus im Fachausschuss lag auf dem Leistungszugang für EU-Bürgerinnen und -Bürger. Nachdem sich Praxisberichte über Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII sowie bei der Durchsetzung von Kindergeldansprüchen gehäuft hatten, führten die Verbände im Juli 2020 hierzu eine umfangreiche Umfrage in ihren Gliederungen durch, an der sich fast 400 Beratungsstellen beteiligten. In Gesprächen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurden die aussagekräftigen Ergebnisse der Umfrage vorgestellt und Lösungen angeregt. Die Auswertung der Umfrageergebnisse soll in 2021 öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Situation von EU-Bürgerinnen und -Bürgern war außerdem Thema einer Online-Seminarreihe für Fachkräfte im November und Dezember 2020 mit dem Schwerpunkt „Zugang zum Gesundheitssystem“. In Zusammenarbeit mit der EU-Gleichbehandlungsstelle konnten außerdem Flyer zum Gesundheitssystem in elf verschiedenen Sprachen erstellt und veröffentlicht werden.

Unabhängig von Staatsangehörigkeit und Status stellen Sprachbarrieren für Migrantinnen und Migranten häufig eine Hürde bei der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten sowie bei der gesellschaftlichen Teilhabe dar. Mit dem Positionspapier: Sprachmittlung - Voraussetzung für die Inanspruchnahme sozialer und gesundheitlicher Leistungen wiesen die Verbände auf die bestehende Problemlage hin und forderten entsprechende Änderungen in den Sozialgesetzbüchern und Förderrichtlinien. Unter anderem mit der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration konnte das Thema in einem Gespräch vertieft werden.

Wie im Vorjahr brachten sich die Verbände mit ihrer Expertise in den Prozess des Nationalen Aktionsplans Integration (NAP-I) ein. Die Ergebnisse des Prozesses sollen auf dem nächsten Integrationsgipfel mit der Bundeskanzlerin vorgestellt werden.

Im Rahmen der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) konnte trotz der Pandemiebedingungen zum sechsten Mal ein Aktionstag durchgeführt werden, an dem sich viele Gliederungen beteiligten. Steuerungsaufgaben betrafen die Aufrechterhaltung der Angebote angesichts der Pandemie und die fortschreitende Digitalisierung in der Beratungsarbeit. Die MBE sowie die Integrationskurse waren ebenfalls Thema in den Spitzengesprächen mit dem Bundesamt und der Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Die Pandemie hat bestehende Hürden und Herausforderungen für Geflüchtete, Migrantinnen und Migranten verschärft, so dass einer überzeugenden Interessenvertretung gegenüber den politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern auch in den kommenden Jahren wichtiger sein wird denn je. Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege stehen hierfür mit ihrer Expertise, ihren Erfahrungen und den vor Ort gewonnen Einblicken auch in Zukunft gerne bereit. 

 

Weitere Veröffentlichungen

 

Stellungnahme der BAGFW zum Referentenentwurf der Sechsten Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 14.07.2020

Stellungnahme der BAGFW: Integrationspolitik vor Ort partizipativ gestalten – Anregungen der Freien Wohlfahrtspflege zum Themenforum „Integration vor Ort“ vom 24.04.2020