Deutscher Sozialpreis 2021 für herausragende journalistische Arbeiten zu sozialen Themen verliehen

Vier Journalistinnen und Journalisten wurden heute für ihre herausragenden Arbeiten zu sozialen Themen mit dem Deutschen Sozialpreis 2021 ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand im Rahmen des BAGFW-Politikforums in Berlin statt. Der Medienpreis der Freien Wohlfahrtspflege, der in diesem Jahr zum 50. Mal vergeben wurde, zeichnet Beiträge aus den Sparten Print, Hörfunk, Fernsehen und Online aus. Eingebettet war die Verleihung der Preise in das BAGFW-Politikforum, in dem auch das politische Thema „Soziale Fragen nach der Bundestagswahl“ angesprochen und diskutiert wurde. Staatsministerin Monika Grütters hielt die Gastrede.

BAGFW-Präsident Ulrich Lilie erinnerte daran, dass mit dem Sozialpreis journalistisches Können ausgezeichnet wird, das das Scheinwerferlicht der öffentlichen Wahrnehmung auf soziale Notlagen lenkt, auf die Ursachen von Unterstützungsbedarfen, und auf Menschen, die mit Tatkraft und innovativen Ideen soziale Probleme anpacken. Und das so ebenfalls sichtbar wird, was der Freien Wohlfahrtspflege wichtig ist: Engagement für soziale Gegenseitigkeit und Mit-Menschlichkeit in unserer Gesellschaft, für die Teilhabechancen, die Würde des Einzelnen und für die Orientierung des politischen und gesellschaftlichen Handelns an den Schwächsten.

„Dieses zentrale Anliegen ist auch der Maßstab, den wir an die Politikvorhaben anlegen, die in diesen Tagen zwischen den drei Parteien ausgehandelt werden, die die neue Bundesregierung stellen wollen,“ so Lilie weiter. „Dient die Politik den Menschen, die auf Hilfe, auf Unterstützung und Förderung angewiesen sind? Fördert sie die Zusammengehörigkeit der vielen unterschiedlichen Individuen unserer Gesellschaft? Ist sie auf Beteiligung, auf Partizipation, auf Mitgestaltung ausgerichtet und nimmt sie alle mit, die zur Lösung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme beitragen wollen? Wir brauchen jetzt eine nachhaltige und kohärente Politik, die das Entweder-Oder, die Ausgrenzung und Lager-Denken überwindet und die sehr unterschiedlichen Menschen in diesem Land und ihre Lebensgeschichten ernst nimmt und verbindet“, sagte der BAGFW-Präsident in Richtung der zukünftigen Koalitionäre.

Die Preisträgerinnen und Preisträger des Deutschen Sozialpreises 2021 sind:

Sparte Print:

Sebastian Kempkens

„Und raus bist du“, Die Zeit

Aus der Begründung der Jury:
Das Thema Wohnen ist seit einigen Jahren besonders in den Blickpunkt der Medien gerückt. In der Arbeit der Wohlfahrtsverbände ist es schon lange präsent – als Grundrecht von Menschen, das nicht mehr so leicht zu bekommen ist. „Wohnungen können nicht einfach nachgeliefert werden wie Tomaten im Supermarkt“, beschreibt Sebastian Kempkens treffend. Er zeigt die gesellschaftliche Dimension des Wohnungsproblems, das über Jahre in Deutschland gewachsen ist. Die Lesenden werden emotional gepackt, wenn von den Schicksalen der Protagonist/innen die Rede ist. Und es lässt sie nicht los, wenn – wie nebenbei – übergreifende Informationen und Perspektiven anderer Beteiligter zur Sprache kommen. In der Jury wurde von Qualitätsjournalismus gesprochen, den Sebastian Kempkens hier abgegeben hat. Vielen Dank dafür!

 

Sparte Hörfunk:

Christina Rubarth

„Das Leiden der Angehörigen. Wie Alkoholsucht Familien zerstört“, Deutschlandfunk Kultur

Aus der Begründung der Jury:
Die Arbeit von Christina Rubarth führt in ein bisher nur sehr selten betrachtetes Thema, nur selten wahrgenommenes Leid. Das der Angehörigen von alkoholabhängigen Menschen. Wir lernen detailliert den schwierigen, konfliktbehafteten, verheimlichten Alltag von Kindern, Partner/innen und Eltern kennen und erfahren welche Langzeitfolgen die Alkoholsucht ihres eigentlich geliebten Menschen für sie hat. Und es lässt einen nicht los. Die Aussagen der Protagonisten/innen nehmen uns Hörende zwar an die Hand und machen unbewusste Strategien erlebbar. Sie lassen uns aber auch betroffen zurück, erst Recht, wenn man bedenkt, wie viele betroffene Angehörige es unter uns gibt. Ein sehr authentisches Stück, das fast ausschließlich von den O-Tönen der Protagonisten/innen lebt.

 

Sparte Fernsehen:

Susanne Jäger

„Weiblich, obdachlos, unsichtbar - Frauen zwischen Straße und Notunterkunft“, WDR

Aus der Begründung der Jury:

Dank der sehr vorsichtigen Kameraführung lernen wir die Protagonistinnen auch sehr vorsichtig kennen. Es ist, als bestimmten sie selbst über die Bilder und ihre O-Töne, wie nah wir ihnen sein dürfen und offenbaren im Verlauf der Dokumentation immer mehr Details ihrer Situation. Obdachlosigkeit kann so erfahrbar werden. Der gesellschaftliche Blickwinkel wird in den wenigen Off-Tönen aufgezeigt. Dadurch werden die Schicksale der obdachlosen Frauen nur um so stärker. Es sind Frauen aus verschiedenen Schichten der Bevölkerung von Obdachlosigkeit betroffen und ganz häufig werden sie nicht bemerkt. Susanne Jäger greift ein sehr wichtiges Thema in einer herausragenden Arbeit auf. Auch wenn den Protagonistinnen geholfen werden konnte, ist klar, wir sehen ein gesellschaftliches Problem.

Sparte Online:

Svaantje Schröder

„Aschenberg – ein Stadtteil gibt nicht auf“, Doku-Serie, zdf-Mediathek

Die Jury konnte viele Attribute für die Arbeit von Svaantje Schröder aufzählen: hervorragende Qualität der Recherche, der Bilder und Interviews, Perspektivenvielfalt durch die Darstellung von Jungen und Alten bis zu Sozialarbeiter/innen. Die verschiedenen Perspektiven zeigen, dass Zusammengehörigkeit keine Worthülse auf dem Aschenberg ist und alle dran mitwirken.

In den fünf Teilen nimmt sich die Regisseurin auch Zeit, genauer hinzuschauen, Menschen in ihren Lebenswegen zu erfassen, über ihre Wünsche und Träume für die Zukunft zu erzählen. Es lässt sich gut erkennen, wie die Gesellschaft zusammengesetzt ist und man könnte sich fragen, warum es in der Gesamtgesellschaft so schwer ist, einen Zusammenhalt zu schaffen, wo es doch auf dem Aschenberg gelingt. Und deshalb gab es noch ein Attribut von der Jury: Die Arbeit macht Hoffnung. Aber warum eigentlich nur in der Mediathek?

 

Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege loben den Preis jährlich seit 1971 aus um herausragende Arbeiten der Sozialberichterstattung zu ehren. Der Preis ist mit 5.000 Euro pro Sparte dotiert. Eine unabhängige Fachjury ermittelte die Preisträger/innen aus rund 220 eingereichten Arbeiten.

Mehr zu den Preisträger/innen und den ausgezeichneten Arbeiten : Link zu den Preisträgern 2021

Zum Livestream: youtu.be/sVSEiB0fa70