Stellungnahme der BAGFW zum Referentenentwurf eines Rechtsdienstleistungsgesetzes

Die Vorlage des Gesetzentwurfes ist uneingeschränkt zu begrüßen. Er sollte noch in dieser Legislaturperiode Gesetzeskraft erlangen.

Reform ist notwendig und überfällig

 

Die Vorlage des Gesetzentwurfes ist uneingeschränkt zu begrüßen. Er sollte noch in dieser Legislaturperiode Gesetzeskraft erlangen.

 

Es ist richtig, die Materie in einem völlig neu angelegten Gesetz zu regeln. Modifikationen des geltenden Rechtsberatungsgesetzes können die notwendige und überfällige Neuausrichtung nicht leisten.

 

Notwendig und überfällig sind

 

  • Klare Begriffsdefinitionen
  • Einschränkung der Verbotstatbestände auf das gebotene und verfassungsrechtlich zulässige Maß
  • Befreiung altruistischer Rechtsdienstleistung von Sanktionsdrohungen

 

Der Gesetzentwurf wird diesen Maßstäben weitgehend gerecht. Insbesondere enthält er gegenüber dem Diskussionsentwurf in § 8 Abs. 1 Nr. 5 wesentliche Verbesserungen für die Träger der Freien Wohlfahrtspflege.

 

Allerdings sind die nunmehr vorgesehenen Einschränkungen der Vertretung vor Gerichten, bei denen kein Anwaltszwang besteht, abzulehnen.

 

 

Stellung der Freien Wohlfahrtspflege

 

Überwiegend werden die von Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege erbrachten Hilfestellungen rechtlicher Art Nebenleistungen im Sinne § 5 Abs. 1 sein. Dies wird erfreulicherweise durch die gegenüber dem  Diskussionsentwurf veränderte Definition der Nebenleistung verdeutlicht.


 

Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass es einen eingeführten für jedermann verständlichen Oberbegriff für die verschiedenen Hilfestellungen der sozialen Arbeit  nicht gibt. Deshalb ist der in § 8 Abs. 1 Nr. 5 gewählte Ansatz zielführend. Er entspricht auch der in Artikel 32 deutsch-deutscher Einigungsvertrag mit Verfassungsrang ausgestatteten Stellung der Freien Jugendhilfe und der Freien Wohlfahrtspflege.

 

Ausweislich der Vereinbarung vom 24. Feb. 1969 zwischen dem Bundesministerium der Justiz und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege gehörte es schon immer zu den originären Aufgaben dieser Verbände und der von ihnen betriebenen bzw. ihnen angeschlossenen Hilfs- und Beratungsstellen, hilfesuchende Menschen im Zusammenhang mit Hilfe und Beratung zu ihrer spezifischen Lebenslage auch in rechtlichen Frage zu unterstützen. Dieses geschieht nicht als Selbstzweck sondern im Rahmen einer umfassenden Hilfestellung zur Überwindung einer aktuellen sozialen Notlage. Gelegentlich ist allerdings nicht auszuschließen, dass eine rechtsdienstleistende Intervention als Einstieg notwendig ist, um die Grundlage für den weiteren Hilfeprozess zu schaffen.

 

Die genannte Vereinbarung ist jedoch keine Rechtsnorm und konnte damit in der Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes allenfalls als Auslegungshilfe herangezogen werden. Das Rechtsdienstleistungsgesetz schafft in § 8 Abs. 1 Nr. 5 die notwendige Grundlage.

 

Allerdings ist in § 8 Abs. 2 die Bezugnahme auf § 8 Abs. 1 Nr. 5 zu streichen.

 

Diese gesonderte Bezugnahme ist nicht erforderlich, da die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege die in §§ 6 und 7 geforderten Organisationsstrukturen sowie die Anforderungen an die Qualität der Beratung – insbesondere die Anleitung der Berater durch juristisch qualifizierte Personen – vorhalten und den gesetzlichen Anforderungen daher voll entsprechen.

 

Dementsprechend wurden auch in der Vergangenheit keine Vorwürfe mangelnder Qualität und Qualifikation der rechtsberatenden Tätigkeit der Verbände in ihren Aufgabenbereichen erhoben. Auseinandersetzungen gab es hier lediglich um die Frage, ob und inwieweit Träger der Freien Wohlfahrtspflege rechtsdienstleistend tätig werden durften.

 

 

Betreuer und Vorsorgebevollmächtigte

 

Gerichtlich bestellte Betreuer dürfen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 rechtsdienstleistend tätig werden. Es fehlt jedoch noch eine Befugnisnorm für Personen, die aufgrund privatrechtlicher Vorsorgevollmacht tätig werden. Dieses Institut soll bekanntlich zur Vermeidung von Betreuungen gestärkt und ausgebaut werden. Damit das Rechtsdienstleistungsgesetz dieses Ziel nicht konterkariert, sollte der Personenkreis zumindest in den Katalog des § 5 Abs. 2 aufgenommen werden.

 


 

Einschränkung der Prozessvertretung

 

Gegenüber dem Diskussionsentwurf finden sich nunmehr erhebliche Einschränkungen der Vertretungsbefugnis vor Gerichten, bei denen kein Anwaltszwang besteht. Damit wird Menschen, die sich keinen Anwalt leisten wollen oder können, Hilfestellung durch Dritte verwehrt, soweit diese nicht den jeweils genannten eng begrenzten Personenkreisen angehören.

 

Für diese Einschränkung besteht keine Notwendigkeit. Die bisherigen Möglichkeiten zur Zurückweisung von Bevollmächtigten sind völlig ausreichend. Soweit eine qualifizierte außergerichtliche Rechtsdienstleistung erlaubt ist, muss diesen Personen auch gestattet sein, in denjenigen Verfahren aufzutreten, in denen nicht ausdrücklich die Vertretung durch einen Anwalt geboten ist.