Stellungnahme der BAGFW zum Referentenentwurf zur Durchführung der EU-Verordnungen über grenzüberschreitende Zustellungen u. Beweisaufnahmen sowie sonstiger Vorschriften

Der Referentenentwurf enthält im Wesentlichen die durch die Neufassung von EuZVO und EuBVO erforderlichen Änderungen der Zivilprozessordnung.

Vorbemerkung

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme. In unserem Verbund sind ca. 600 Betreuungsvereine, sowie ca. 140 vormundschaftsführende Vereine aktiv. In den Arbeitsfeldern Altenhilfe, Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie und Kinder- und Jugendhilfe mit ihren zahlreichen Diensten und Einrichtungen erfahren Menschen Beratung, Begleitung und Unterstützung.

Der Referentenentwurf enthält im Wesentlichen die durch die Neufassung von EuZVO und EuBVO erforderlichen Änderungen der Zivilprozessordnung. Darüber hinaus sind Änderungen bei der grenzüberschreitenden Zustellung in Drittstaaten und bei der grenzüberschreitenden Beweisaufnahme vorgesehen, sowie weitere Anpassungen.

Der Entwurf enthält zudem Änderungen in sonstigen Vorschriften, die im Gefolge des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021(BGBl. I S. 882) umzusetzen sind und spätestens zeitgleich mit diesem am 1. Januar 2023 in Kraft treten müssen.

Im Folgenden soll es wesentlich um die Regelungen zur Registrierung durch die Stammbehörde, die Voraussetzung für die berufliche Betreuungsführung ist, gehen.

Der vorliegende Referentenentwurf stellt eine konsequente Vervollständigung des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021(BGBl. I S. 882) dar. Die meisten Regelungen ergeben sich zwingend aus dem genannten Reformgesetz und wurden in den Beratungen der vom BMJ eingesetzten Arbeitsgruppen ausführlich besprochen. Sie werden daher von uns ausdrücklich begrüßt.

Zu Artikel 6 (Änderung des Betreuungsorganisationsgesetzes BtOG)

In § 23 BtOG sollen erstmals durch die Einführung von Mindesteignungsanforderungen Vorrausetzungen für eine einheitliche Qualität aller beruflich geführten Betreuungen sichergestellt werden. Neben der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit des beruflichen Betreuers ist jetzt die fachliche Eignung durch den Nachweis bestimmter Sachkenntnisse zu belegen.

Was den Nachweis der Sachkunde betrifft, soll in Zukunft unterschieden werden zwischen selbstständig Tätigen und Mitarbeiter/innen von Betreuungsvereinen.

Diese Regelung wird ausdrücklich begrüßt, denn die Tätigkeit in einem Betreuungsverein stellt bereits eine Gewähr für die Erfüllung von Mindestanforderungen bei der Qualität der Betreuungsführung dar. Betreuungsvereine müssen schon immer gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 2 und 3 BtOG im Anerkennungsverfahren nachweisen, dass sie eine ausreichende Anzahl geeigneter Mitarbeiter/innen beschäftigen, beaufsichtigen, weiterbilden und einen Erfahrungsaustausch zwischen diesen ermöglich. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird jährlich überprüft. Es ist daher sachgerecht, Berufsanfängern in Betreuungsvereinen zu gestatten, ihre erforderliche Sachkunde innerhalb eines Jahres nach Registrierung nachzuweisen. Anders wäre den Betreuungsvereinen die Anstellung neuen Personals – ohne erhebliches, finanzielles Risiko – nicht möglich: durch die vorläufige Registrierung kann die/der neue Mitarbeiter/in bereits vollumfänglich abrechenbare Betreuungen übernehmen. Die vorläufige Registrierung kann als sachlicher Grund für einen befristeten Arbeitsvertrag benannt werden, sodass sich der Verein, sollte die Registrierung widerrufen werden, weil die Sachkunde nicht erbracht wird, von der/dem Mitarbeiter/in trennen kann.

Kritisch zu sehen ist, dass diese Frist nur verlängert werden kann, wenn die/der Mitarbeiter/in ohne sein Verschulden verhindert ist, die Frist einzuhalten. Als beispielhafte Gründe werden längere Krankheit oder Elternzeit genannt. Es bleibt abzuwarten, ob auch notwendige Vertretungen von Kolleg/innen als Verhinderungsgrund anerkannt werden.

Nicht berücksichtigt wurde bei der Bemessung der Frist, dass die/der neue Mitarbeiter/in u.U. bis zu einem Viertel seiner Arbeitszeit nicht zur Verfügung steht, da sie/er die notwendige Sachkunde erlangen muss. Dies stellt eine hohe finanzielle Belastung für die Betreuungsvereine dar, einerseits durch die entgangenen Einnahmen, andererseits durch Aufwendungen für die Schulungen der/des Mitarbeiter/in. Zu berücksichtigen ist auch die Frage, ob und in welchem Umfang geeignete Plätze für den Erwerb der Sachkunde zur Verfügung stehen. Ggf. werden Wartelisten geführt werden müssen und die/der Mitarbeiter/in hat tatsächlich nicht die Möglichkeit, die Sachkunde fristgerecht zu erwerben. Dem trägt die Übergangsregelung für neue Betreuer/innen bis 30.6.2025 Rechnung. Doch bleibt abzuwarten, ob danach das Fortbildungsangebot bereits auskömmlich ist. Je nach Grundausbildung der/des Mitarbeiter/in werden die Aufwendungen/Ausfälle unterschiedlich ausfallen. Daher wäre die Aufnahme weiterer Begründungen zur Fristverlängerung geboten gewesen.

Fazit

Wie bereits eingangs festgestellt, ist der Referentenentwurf, das Betreuungsrecht betreffend, die konsequente Folge der in Gang gesetzten Reform des Betreuungsrechts.

Es wird jetzt darauf ankommen, die Umsetzung in der Praxis zu beobachten, auszuwerten und angemessen auf festzustellende Nichterfüllung der ursprünglichen Annahmen zu reagieren. In der Stellungnahme zum Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wurde bereits angeregt, dessen Evaluierung mit der Evaluierung des VBVG in 2024 zu verbinden. Dieser Hinweis soll in diesem Zusammenhang bekräftigt werden.