Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. zum Referentenentwurf für ein „Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009)“

Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammenar-beitenden Spitzenverbände begrüßen den Entwurf für ein „Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009)“.

Die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen den Entwurf für ein „Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009)“. Durch die im Referentenentwurf vorgesehenen Gesetzesänderungen werden europarechtliche Vorgaben teilweise umgesetzt und der Steuerrechtsvollzug modernisiert. Der Referentenentwurf enthält materielle Änderungen des Steuerrechts, auf die im Folgenden, soweit sie die Freie Wohlfahrtspflege und ihre Einrichtungen betreffen, eingegangen werden soll.

 

 

  I.    Erwägungen zu Artikel 1: Änderung des Einkommensteuergesetzes

 

1. Zu Artikel 1, Ziffer 2 a und b:

 

§ 3 Nr. 26 und 26a EStG–E: Ausweitung der sog. Übungsleiterpauschale und sog. steuerfreien Aufwandspauschale auf Tätigkeiten zugunsten gemeinnütziger Körperschaften mit Sitz im Ausland

 

Referentenentwurf:

„§ 3 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 26 Satz 1 werden die Wörter „inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts“ durch die Angabe „juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet,“ ersetzt.

 

b) In Nummer 26a Satz 1 wird die Angabe „inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts“ durch die Angabe „juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet,“ ersetzt.

 

§ 3 Nr. 26 EStG-E

Nach der gegenwärtigen Regelung des § 3 Nr. 26 EStG sind Einnahmen bis zu maximal 2.100 Euro im Jahr von der Einkommensteuer befreit, sofern die Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder aus der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung (AO)) resultieren. Durch den Verweis auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG waren bisher nur sog. „Übungsleiterpauschalen“ steuerbefreit, die von inländischen gemeinnützigen Körperschaften geleistet wurden.

 

Der EuGH hat in seinem Urteil „Jundt“ vom 18. Dezember 2007 (C 281/06) festgestellt, dass die Beschränkung der „Übungsleiterpauschale“ auf eine nebenberufliche Lehrtätigkeit, die zugunsten einer inländischen Einrichtung erbracht wird, gegen die im EG-Vertrag verankerte Dienstleistungsfreiheit verstößt.

 

Nach der im Referentenentwurf vorgeschlagenen Änderung wird die Anwendung der „Übungsleiterpauschale“ ausgeweitet auf Tätigkeiten, die im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeübt werden, sofern diese in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.

 

Voraussetzung für die Geltendmachung der „Übungsleiterpauschale“ bleibt weiterhin, dass es sich um eine Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder für eine unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke handelt. Der Verweis auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG bleibt erhalten, damit auch der Verweis auf § 52 AO. Im vorliegenden Referentenentwurf wird § 52 Abs. 1 Satz 1 AO um eine Definition der Allgemeinheit ergänzt. Danach ist eine Körperschaft nur dann gemeinnützig, wenn sie die Allgemeinheit im Sinne von Bevölkerung Deutschlands oder das Ansehen Deutschlands im Ausland nicht unbedeutend fördert. Ferner wird die Beschränkung der Körperschaftsteuerbefreiung auf inländische Körperschaften durch eine Änderung von § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgehoben. Folglich kann nun die steuerfreie „Übungsleiterpauschale“ auch von ausländischen Organisationen geleistet werden, sofern diese gemeinnützige Zwecke verfolgen und die Allgemeinheit in Deutschland oder das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland fördern.

 

§ 3 Nr. 26a EStG-E

Analog zu § 3 Nr. 26 EStG-E soll auch § 3 Nr. 26a EStG-E (sog. steuerfreie Aufwandspauschale) geändert werden. Durch die Änderung wird auch hier erreicht, dass der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG grundsätzlich auch dann gewährt wird, wenn eine Person im Dienst oder Auftrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts tätig ist, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet. Darüber hinaus kann die steuerfreie „Aufwandspauschale“ nun auch von ausländischen Organisationen geleistet werden, sofern diese gemeinnützige Zwecke verfolgen und die Allgemeinheit in Deutschland oder das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland fördern.

 

Nach § 52 Abs. 4b EStG-E sind die Änderungen bei § 3 Nr. 26 und 26a EStG in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist.

 

Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen die Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 3 Nr. 26 und 26a EStG, da hierdurch beide Regelungen in Einklang mit dem Europa-Recht gebracht werden. Damit wird der Fortbestand beider Normen, die vor allem im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements eine wichtige, weil Anerkennung vermittelnde Rolle spielen, gesichert.

 

 

2. Zu Artikel 1, Ziffer 2c:

 

§ 3 Nr. 34 EStG-E: Steuerfreibetrag für Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung

 

Referentenentwurf:

„§ 3 Steuerfrei sind …

34. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen des § 20a Abs. 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch genügen, soweit sie den Betrag von 500 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen;“.

 

Mit § 3 Nr. 34 EStG-E wird erstmals ein Steuerfreibetrag für Leistungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Gesundheitsförderung eingeführt. Die Leistungen müssen hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen des § 20 a Abs. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 3 SGB V genügen. Der Steuerfreibetrag soll sich auf 500 Euro pro Jahr belaufen und auch Barleistungen des Arbeitgebers umfassen.

 

Nach der Gesetzesbegründung ist es im Interesse der Arbeitnehmer und der Unternehmer die Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Aber auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, die gesundheitliche Prophylaxe und damit die Prävention zu stärken, um dadurch dem Gesundheitswesen langfristig hohe Folgekosten zu ersparen.

 

Die BAGFW begrüßt deshalb ausdrücklich, dass durch einen Steuerfreibetrag der Anreiz geschaffen werden soll, betriebsinterne Maßnahmen der Gesundheitsförderung durchzuführen. Darüber hinaus reduziert diese Vorschrift den Verwaltungsaufwand und das Risiko einer Lohnsteuerhaftung, da für die angebotenen Maßnahmen bzw. für Barzuschüsse nicht mehr nachgewiesen werden muss, dass sie der Vorbeugung spezifischer berufsbedingter Beeinträchtigungen der Gesundheit dienen.

 

 

3. Zu Artikel 1, Ziffer 5 und Ziffer 28 Buchstabe f:

 

§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG-E in Verbindung mit § 52 Abs. 24 b EStG-E: Einführung eines Höchstbetrages beim Sonderausgabenabzug von Schulgeld bzw. stufenweise Abschaffung des Sonderausgabenabzugs bei Schulgeld

 

Referentenentwurf zu Ziffer 5:

㤠10 Abs. 1 Nr. 9 wird wie folgt gefasst:

9. bis zu einem Höchstbetrag von 3000 Euro 30 Prozent des Entgelts, das der Steuerpflichtige für den Besuch einer überwiegend privat finanzierten, allgemein bildenden Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Voraussetzung ist, dass er für sein Kind einen Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat und dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem inländischen Kultusministerium eines Landes oder von der Kultusministerkonferenz der Länder anerkannten Schulabschluss führt. Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.“

 

Referentenentwurf zu Ziffer 28 Buchstabe f:

„(24b) § 10 Abs. 1 Nr. 9 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom … (BGBl. I S. … [Einsetzen: Ausfertigungsdatum und Seitenzahl der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes]) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden. Für Schulgeldzahlungen, die im Veranlagungszeitraum 2009 für den Veranlagungszeitraum 2009 geleistet werden, gilt § 10 Abs. 1 Nr. 9 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Betrags von    3 000 Euro ein Betrag von 2 000 Euro tritt; für Schulgeldzahlungen, die im Veranlagungszeitraum 2010 für den Veranlagungszeitraum 2010 geleistet werden, tritt an die Stelle des Betrags von 2 000 Euro ein Betrag von 1 000 Euro. § 10 Abs. 1 Nr. 9 ist letztmalig auf Schulgeldzahlungen für den Veranlagungszeitraum 2010 anzuwenden. Für Schulgeldzahlungen an überwiegend privat finanzierte allgemein bildende Schulen, die in einem anderen Mietgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen sind, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die zu einem von dem inländischen Kultusministerium eines Landes oder von der Kultusministerkonferenz der Länder anerkannten Schulabschluss führen, gilt § 10 Abs. 1 Nr. 9 in der Fassung des Artikels 1 Nr. 7 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) für noch nicht bestandskräftige Steuerfestsetzungen der Veranlagungszeiträume vor 2008 mit der Maßgabe, dass es sich nicht um eine gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule oder eine nach Landesrecht anerkannte allgemein bildende Ergänzungsschule handeln muss.“

 

 

Mit § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG-E wird erstmals ein Höchstbetrag für Schulgeldzahlungen eingeführt, die als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden können. Es handelt sich hierbei um zu berücksichtigende Aufwendungen für überwiegend privat finanzierte Schulen.

 

Nach der Gesetzesbegründung soll der Höchstbetrag von 3.000 Euro den wesentlichen Teil der nach bisherigem Recht als Sonderausgabe berücksichtigten Aufwendungen umfassen, denn diese wirken sich in den Jahren 2002 und 2003 in 97 Prozent der Fälle mit höchstens 2.000 Euro aus. Eine Begrenzung des abziehbaren Betrags sei zur Vermeidung unvorhersehbarer Haushaltsrisiken im Hinblick auf zum Teil hohe ausländische Schulgeldverpflichtungen erforderlich.

 

Mit § 52 Abs. 24b EStG-E wird dieser Höchstbetrag bis 2010 stufenweise reduziert und ab 2011 gänzlich abgeschafft. Laut Gesetzesbegründung ist die steuerliche Berücksichtigung von Schulgeldaufwendungen als Sonderausgabe weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich geboten. Der Sonderausgabenabzug stelle eine entbehrliche Steuerabzugsmöglichkeit dar, deren Streichung sachgerecht sei. Eine Abschmelzung des Sonderausgabenabzugs über einen Zeitraum von drei Jahren soll der Vermeidung von Härten dienen.

 

Privatschulen in kirchlicher und diakonischer Trägerschaft haben aber häufig ein Lehrangebot für lernbehinderte oder verhaltensauffällige Schüler aus allen Einkommensschichten. Die Begrenzung, mehr noch die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs von Schulgeldzahlungen führt hier zu erheblichen Belastungen. Viele Familien werden es sich künftig nicht mehr leisten können, den Schulbesuch zu finanzieren. Pädagogische Belange werden durch monetäre Zwänge vernachlässigt und bestimmte Lehrangebote sich nicht mehr halten können. Die geplante Regelung trifft daher vor allem Familien, deren Kinder aufgrund ihrer persönlichen Lebenssituation auf den Besuch einer Privatschule angewiesen sind.

 

Die BAGFW lehnt daher die Begrenzung auf einen Höchstbetrag bzw. die stufenweise Abschaffung des Sonderausgabenabzugs ab. Die Begrenzung auf einen Höchstbetrag bzw. die stufenweise Abschaffung des abziehbaren Betrags gefährdet die Trägervielfalt von Schulen, deren öffentliche Finanzierung unzureichend ist und die daher auf das eingenommene Schulgeld angewiesen sind.

 

 

II.    Erwägungen zu Artikel 3: Änderung des Körperschaftsteuergesetzes

 

1. Zu Artikel 3 Ziffer 2 b:

 

 § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG-E: Ausweitung der Körperschaftsteuerbefreiung auf gemeinnützige Körperschaften mit Sitz im Ausland

 

Referentenentwurf:

In § 5 Absatz 2 Nr. 2 wird das Komma am Ende durch einen Punkt ersetzt und folgender Satz angefügt: „Satz 1 gilt nicht für Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9, die gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 der Abgabenordnung erfüllen,“

 


 

Steuerbefreiung für ausländische gemeinnützige Organisationen

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG gilt diese Befreiungen derzeit jedoch nicht für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1 KStG (ausländische Körperschaften).

 

Die Versagung der Körperschaftsteuerbefreiung für gemeinnützige Organisationen mit Sitz im europäischen Ausland verstößt nach Auffassung des EuGH gegen die europäische Kapitalsverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGV (EuGH vom 14. September 2006 - C 386/01 Fall „Stauffer“). Mit der im Referentenentwurf vorgeschlagenen Ergänzung von § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG soll nun Abhilfe geschaffen werden. Ausländische gemeinnützige Körperschaften, die die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 52 AO erfüllen, werden den inländischen gemeinnützigen Körperschaften gleichgestellt. Sie sind demnach mit ihren inländischen Einkünften von der Körperschaftsteuer befreit. Die Körperschaftsteuerbefreiung gilt dann für alle inländischen und ausländischen gemeinnützigen Körperschaften, sofern sie die Allgemeinheit (im Sinne von Bevölkerung Deutschlands) oder das Ansehen Deutschlands im Ausland nicht unbedeutend fördern.

 

Durch die geplante Änderung sind zukünftig alle ausländischen gemeinnützige Körperschaften – also solche, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben – mit ihren inländischen Einkünften von der Körperschaftsteuer befreit. Die im Referentenentwurf vorgesehene Umsetzung des Stauffer-Urteils geht insoweit über das Urteil hinaus, als die Steuerbefreiung nicht auf gemeinnützige Körperschaften mit Sitz in der EU beschränkt wird, sondern weltweit alle Körperschaften, die gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 AO erfüllen, umfasst.

 

Konsequenzen für den Spendenabzug

Die Steuerbefreiung für ausländische gemeinnützige Organisationen hat allerdings auch Konsequenzen für den Spendenabzug:

Nach § 10 b Abs. 1 EStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG und § 9 Nr. 5 GewStG sind derzeit Zuwendungen an ausländische gemeinnützige Körperschaften nicht steuerlich abzugsfähig. Nach Auffassung der EU-Kommission stellt diese unterschiedliche Behandlung von Spenden an in- und ausländische gemeinnützige Körperschaften eine mit dem Europarecht nicht zu vereinbarende Diskriminierung dar. Sie hat deshalb im Laufe des Jahres 2006 Vertragsverletzungsverfahren gegen mehrere EU-Mitgliedstaaten eingeleitet (Großbritannien, Belgien, Polen, Irland).

 

Mit der geplanten Änderung in § 52 AO-E wird der Begriff der Allgemeinheit auf die Bevölkerung Deutschlands konkretisiert bzw. eine Förderung des Ansehens Deutschlands im Ausland in nicht nur unerheblichem Umfang verlangt. Dies hat in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG-E zur Folge, dass zukünftig alle Spenden an Körperschaften, die die Allgemeinheit oder das Ansehen Deutschlands im Ausland in nicht unerheblichem Umfang fördern, steuermindernd in Abzug gebracht werden können, unabhängig davon, ob diese Organisationen ihren Sitz in Deutschland, in der EU oder in einem Drittland haben.

 

Dies kann nach Auffassung der  BAGFW zu erheblichen Problemen auf Ebene der Finanzverwaltung führen. Letztere muss das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 51 ff. AO (Dritter Abschnitt AO: Steuerbegünstigte Zwecke) prüfen. Der Finanzverwaltung stehen aber nur für Organisationen aus dem europäischen Ausland die Möglichkeiten der Amtshilfe und damit ein einfaches und transparentes Verfahren zur Verfügung. Weltweit  existieren solche Amtshilfe-Vereinbarungen nicht.

 

 

Mildtätige (§ 53 AO) oder kirchliche (§ 54 AO) Zwecke

Die geplante Änderung berücksichtigt ferner nicht die Möglichkeit, dass ausländische Körperschaften auch mildtätige (§ 53 AO) oder kirchliche (§ 54 AO) Zwecke verfolgen, die dann konsequenterweise ebenfalls steuerbegünstigt sein müssten. Insofern werden die im Stauffer-Urteil aufgestellten Grundsätze nur teilweise umgesetzt. Beschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die mildtätige (§ 53 AO) oder kirchliche (§ 54 AO) Zwecke verfolgen, unterliegen nach der derzeitigen Formulierung mit ihren inländischen Einkünften nach wie vor der Körperschaftsteuer. Bei einer konsequenten Umsetzung der im Stauffer-Urteil aufgestellten Rechtsgrundsätze müsste in § 5 Abs. 2  Nr. 2 KStG neben § 52 AO auch auf §§ 53 und 54 AO verwiesen werden. Der in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG-E neue einzufügende Satz würde dann lauten:

 „Satz 1 gilt nicht für Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9, die steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der  §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung erfüllen “.

 

 

Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen grundsätzlich die Ausweitung der Körperschaftsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auch auf ausländische gemeinnützige Organisationen, da hierdurch eine Kompatibilität zwischen dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht und den europäischen Rechtsvorgaben hergestellt und damit das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht „europafest“ gemacht werden soll.

Um den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an die europäischen Grundfreiheiten (Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit) voll zu entsprechen, sollten jedoch neben den gemeinnützigen Organisationen auch ausländische Körperschaften steuerbefreit werden, die mildtätige (§ 53 AO) oder kirchliche (§ 54 AO) Zwecke verfolgen.

Darüber hinaus sollte die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG – insbesondere auch im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von Spenden - nicht allen ausländischen Körperschaften gewährt werden, sondern sich auf Körperschaften beschränken, deren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.

 

 

III.    Erwägungen zu Artikel  6: Änderung des Umsatzsteuergesetzes

 

1. Zu Artikel 6 Ziffer 1 b und c:

 

 § 4 Nr. 14 und 16 UStG-E: Umsatzsteuerbefreiung für ambulante und stationäre Heilbehandlungsleistungen

 

Referentenentwurf zu Ziffer 1b:

„§ 4 wird wie folgt geändert: …

14. a)   Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der      Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähn-        lichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung       oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021   29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10           des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder             wiederhergestellt hat;

 

       b) Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Dia-         gnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistun-         gen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen    Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von

            aa)       zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 SGB V,

            bb)       Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung,                     die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V teilnehmen oder                        für die Regelungen nach § 115 SGB V gelten,

            cc)       Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach §§ 111, 111a SGB V                      bestehen,

            dd)       Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a SGB V gelten,                    oder

            ee)       Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 SGB V bestehen,

 

             erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die       Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach SGB V jeweils bezieht;

 

      c)   Leistungen nach den Buchstaben a und b, die von Einrichtungen nach § 140b Abs. 1    SGB V erbracht werden, mit denen Verträge zur integrierten Versorgung nach § 140a       SGB V bestehen;

 

      d)   sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in     Buchstabe a bezeichneten Berufe oder Einrichtungen im Sinne des Buchstaben b      sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke             der Ausübung der Tätigkeiten nach Buchstabe a oder b verwendet werden und die           Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen             Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert;“.

 

Referentenentwurf zu Ziffer 1c

„§ 4 wird wie folgt geändert: …

16.     die mit dem Betrieb der Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime, Einrichtungen          zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen         Umsätze, wenn

      a)   diese Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben           werden oder

      b)   weggefallen

      c)   weggefallen

      d)   bei Altenheimen, Altenwohnheimen und Pflegeheimen im vorangegangenen Kalen-        derjahr mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 61 Abs. 1 SGB XII oder den   in § 53 Nr. 2 der Abgabenordnung genannten Personen zugute gekommen sind oder

      e)   bei Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und        bei Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen im      vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens 40 Prozent der Fälle   von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum         überwiegenden Teil getragen worden sind;“.

 

Die in § 4 Nr. 14 und 16 UStG-E geplanten Änderungen beziehen sich auf die Regelung des Artikel 132 Abs. 1 b und c der Richtlinie 2006/112/EG und sollen die Entwicklungen im Bereich des Gesundheitswesens sowie der Finanzgerichtsbarkeit aufgreifen und die Umsatzsteuerbefreiung für ambulante und stationäre Heilbehandlungen in § 4 Nr. 14 UStG-E weiterentwickeln.

 

Durch den Verzicht, die Steuerbefreiung von jährlich nachzuweisenden bestimmten, einrichtungsbezogenen „Sozialkriterien“ abhängig zu machen, soll nicht nur ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau geleistet, sondern auch der jüngsten Entwicklung der Rechtsprechung Rechnung getragen werden. Danach erfordert der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass für alle Kategorien privatrechtlicher Einrichtungen, die in Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe b MwStSystRL genannt sind, in Bezug auf die Erbringung vergleichbarer Leistungen die gleichen Bedingungen für ihre Anerkennung gelten.

                                                                                                        

Als Einrichtung anerkannt werden gemäß § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 2 Doppelbuchstabe aa UStG-E die zugelassenen Krankenhäuser nach § 108 SGB V, somit

 

1.         Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik            anerkannt sind,

2.         Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind   (Plankrankenhäuser), sowie

3.         Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Kran-        kenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben.

 

Krankenhäuser, die nicht von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden und die nicht nach § 108 SGB V zugelassen sind, sind mit ihren in § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 1 UStG genannten Leistungen steuerpflichtig, also auch mit ihren in einer Vielzahl sonstiger Krankenhausleistungen eingebetteten ärztlichen Heilbehandlungsleistungen (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 2004 V R 53/00, BStBl II S. 677). Insoweit ergibt sich kein Unterschied zu den Buchstaben b und c des bisherigen § 4 Nr. 16 UStG, bei denen die Nichterfüllung der dort benannten „Sozialkriterien“ ebenfalls die Steuerpflicht ihrer Leistungen zur Folge hat.

 

 

§ 4 Nr. 14 b) UStG-E:

Um eine abweichende umsatzsteuerliche Behandlung zu vermeiden, ist es zu begrüßen, dass ärztliche Heilbehandlungen sowie Krankenhausbehandlungen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht identisch beurteilt werden.

Dass es sich bei den umsatzsteuerbefreiten Leistungen um solche handelt, die medizinisch notwendig sind, hat klarstellenden Charakter. Allerdings ist es erforderlich, den Katalog der von der Umsatzsteuer befreiten Leistungen um die arztähnlichen Leistungen zu ergänzen, um auch in diesen Bereichen eine identische Behandlung gleicher Sachverhalte sicherzustellen. Hier besteht noch Ergänzungsbedarf.

 

 

§ 4 Nr. 14 b) aa) UStG-E:

Die Umsatzsteuerbefreiung für Krankenhäuser außerhalb des öffentlichen Rechts fortan nicht mehr an die Erfüllung der Voraussetzungen des § 67 AO (insbesondere Wegfall der 40 %-Grenze) anzuknüpfen, sondern stattdessen einen sozialrechtlichen Anknüpfungspunkt zu wählen, ist ebenfalls zu begrüßen. Der sachgerechte sozialrechtliche Anknüpfungspunkt ist jedoch nicht der Status als zugelassenes Krankenhaus nach § 108 SGB V oder als Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V.

Es sollte vielmehr das Ziel sein, alle medizinisch notwendigen Heilbehandlungen von zusätzlichen Kosten zu entlasten und dadurch den Zugang zu medizinischen Leistungen zu eröffnen bzw. zu erleichtern. Das Anknüpfen an den Status als Plan- oder Vertragskrankenhaus reicht dazu nicht aus, da die Umsatzsteuerbefreiung der Heilbehandlungsleistungen eines Krankenhauses dann allein von der Bedarfsplanung der Bundesländer oder vom Verhandlungsgeschick mit den Krankenkassen und damit von Unwägbarkeiten abhängig ist. Dies könnte dazu führen, dass eine identische Leistung umsatzsteuerrechtlich unterschiedlich beurteilt werden würde. Zudem kann der Status eines Krankenhauses allein nicht entscheidend für die Umsatzsteuerfreiheit der erbrachten Heilbehandlungsleistungen sein, vielmehr muss auf den Charakter einer Einrichtung als Krankenhaus sowie den Charakter der Leistung als medizinisch notwendige Heilbehandlung abgestellt werden.

 

Die Abhängigkeit vom Status als Plan- oder Vertragskrankenhaus würde zudem nicht alle Heilbehandlungsleistungen umfassen. Einige der bisher begünstigten Leistungen fallen nach der geplanten Neuregelung des § 4 Nr. 14 b UStG-E aus der Steuerbefreiung heraus. Darunter wäre insbesondere der Maßregelvollzug, der bisher nach § 4 Nr. 16 c UStG steuerfrei ist, zu nennen, da Krankenhäuser des Maßregelvollzuges hinsichtlich dieser Leistungen weder in den Krankenhausplan aufgenommen werden noch für die Erbringung dieser Leistungen einen Versorgungsvertrag abschließen können. Diese Einrichtungen sind nicht solche des § 108 SGB V. Ähnlich zu behandeln wären die in § 119 SGB V genannten Sozialpädiatrischen Zentren. Alle diese Einrichtungen sind unzweifelhaft solche im Sinne des § 2 KHG bzw. des § 30 GewO. Daher sollten vielmehr die tätigkeitsbezogenen Definitionen eines Krankenhauses bzw. einer Privatkrankenanstalt nach §§ 107 SGB V, 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie 30 Gewerbeordnung (GewO) der Ausgangspunkt für die Einbeziehung eines Krankenhauses in die Umsatzsteuerbefreiung sein.

 

Ferner bedarf es einer Ergänzung für ambulante Rehabilitationszentren und –einrichtungen. Die Regelung des § 107 SGB V umfasst nicht sämtliche Rehabilitationseinrichtungen. So fallen beispielsweise ambulante Rehabilitationszentren oder Rehabilitationseinrichtungen in Trägerschaft der Renten- oder Unfallversicherung nicht unter den Anwendungsbereich der § 2 KHG bzw. § 107 SGB V, obschon auch diese Einrichtungen Leistungen anbieten, die als Heilbehandlungsleistungen anzusehen sind und nach dem Sinn und Zweck der Umsatzsteuerbefreiungsvorschriften steuerfrei sein müssen.

 

Auch wenn die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen, dass im Bereich der Umsatzsteuer durch Streichung des Verweises auf § 67 AO jährlich nachzuweisende bestimmte, einrichtungsbezogene „Sozialkriterien“ nicht mehr ermittelt werden müssen, bleibt festzuhalten, dass dies nach § 67 AO u.a. für die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbefreiung sowie für die Berechtigung zur Ausstellung von steuerlich abzugsfähigen Zuwendungsbestätigungen nach wie vor der Fall ist. Gemäß § 67 Abs. 1 und 2 AO sind Krankenhäuser dann steuerbegünstigte Zweckbetriebe, wenn mindestens 40 % der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden (im Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung) bzw. wenn für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als bei Anwendung der Bundespflegesatzverordnung berechnet wird. Diese Definition des steuerlichen Zweckbetriebs bleibt durch das JStG 2009 unverändert. Der Bürokratieabbau bei gemeinnützigen Krankenhäusern wird sich insofern in Grenzen halten.

 

§ 4 Nr. 14 b) bb) UStG-E:

Die Bezugnahme auf § 115 SGB V allein umschreibt nicht die Leistungen, deren Umsatzsteuerbefreiung sachgerecht ist. Diese Leistungen werden vielmehr in den §§ 115 a, 115 b, 116 a sowie 116 b SGB V geregelt und stellen medizinisch notwendige Krankenhausleistungen dar, für die nicht die Regelungen der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 SGB V gelten, sondern die als ambulante Operations- bzw. Behandlungsleistungen des Krankenhauses eigenen Regelungen unterfallen. § 4 Nr. 14 b) bb) UStG-E sollte dementsprechend ergänzt werden.

 

§ 4 Nr. 14 d) UStG-E:

Im Rahmen der Neugestaltung der Umsatzsteuerbefreiungsvorschriften für Heilbehandlungsleistungen sollten auch die sektorenübergreifenden Kooperationen zwischen dem stationären und dem niedergelassenen Bereich von der Umsatzsteuer befreit werden. Das im JStG 2009 verfolgte Ansinnen, Leistungen dieser Kooperationen steuerfrei zu stellen, ist daher zu begrüßen. Die in § 4 Nr. 14 d) UStG-E gewählte Formulierung drückt jedoch nach Ansicht der BAGFW die Umsatzsteuerfreiheit von Kooperationsleistungen nicht deutlich genug aus. Deshalb sollte im Gesetzestext ausdrücklich das Wort „Kooperation“ genannt und  § 4 Nr. 14 d) nach dem Wort „Gemeinschaften“ jeweils um den Begriff „und Kooperationen“ ergänzt werden.

 

Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege begrüßen grundsätzlich die Überarbeitung der § 4 Nr. 14 und 16 UStG-E, die einen Beitrag zum Bürokratieabbau leisten soll, Entwicklungen der Rechtsprechung umsetzt und die Kompatibilität zwischen dem deutschen Umsatzsteuerrecht und den europäischen Rechtsvorgaben herstellt. Anknüpfungspunkt für die Umsatzsteuerbefreiung sollte jedoch nicht der Status als zugelassenes Krankenhaus nach § 108 SGB V oder als Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V sein, vielmehr sollten die tätigkeitsbezogenen Definitionen eines Krankenhauses bzw. einer Privatkrankenanstalt nach §§ 107 SGB V, 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie 30 Gewerbeordnung (GewO) der Ausgangspunkt für die Einbeziehung eines Krankenhauses in die Umsatzsteuerbefreiung sein. Um die Umsatzsteuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen vollumfänglich zu erreichen, sollten ferner § 4 Nr. 14 b) bb) und d) UStG-E um die dargestellten Punkte ergänzt werden.

 

 

IV.    Erwägungen zu Artikel 9: Änderung der Abgabenordnung

 

1. Zu Artikel 9 Ziffer 5:

 

 § 51 Abs. 2 Nr. 2 KStG-E: Versagung der Gemeinnützigkeit für extremistische oder verfassungsfeindliche Organisationen

 

Referentenentwurf:

„Die Steuervergünstigung setzt voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung kein extremistisches Gedankengut fördert und sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung hält.“

 

Mit dem JStG 2009 soll § 51 AO dahingehend ergänzt werden, dass Körperschaften, die nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung extremistisches Gedankengut  fördern bzw. sich nicht im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten, die Anerkennung als gemeinnützige Organisation versagt wird. Dies wurde von der Finanzverwaltung zwar bisher auch schon praktiziert (AEAO zu § 52 Nr. 16 AO), durch die Aufnahme in die Abgabenordnung erhält diese Regelung jedoch Gesetzesrang und gewinnt dadurch an Bedeutung.

 

Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände begrüßen den Ausschluss von extremistischen bzw. staatsfeindlichen Organisationen vom Gemeinnützigkeitsrecht, weil eine Körperschaft, die letztendlich der Allgemeinheit schadet nicht noch durch Steuererleichterungen begünstigt werden soll. Eine steuerliche Begünstigung solcher Organisationen kann in der Öffentlichkeit den Nutzen des Gemeinnützigkeitsrechts insgesamt in Frage stellen.

Zur Wahrung der Bürgerrechte muss jedoch sichergestellt sein, dass sich dieser Ausschluss auch nur tatsächlich auf extremistische oder verfassungsfeindliche Organisationen beschränkt. Bürgerprotestbewegungen oder gewaltfreier Widerstand gegen Maßnahmen des Staates dürfen – wie bisher bereits im Anwendungserlaß zur Abgabenordnung (AEAO zu § 52 Nr. 16) geregelt – von der Gesetzesänderung nicht betroffen sein.

 

 

2. Zu Artikel 9 Ziffer 6:

 

§ 52 Abs. 1 AO-E: Gesetzliche Definition der Allgemeinheit und ihrer Förderung

 

Referentenentwurf:

„Allgemeinheit sind die natürlichen Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Die Allgemeinheit wird auch gefördert, wenn die Tätigkeit der Körperschaft neben den in Absatz 2 genannten Zwecken in nicht nur unbedeutendem Umfang auch der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland dient.“

 

Nach dem bisherigen Wortlaut von § 52 AO verfolgt eine Körperschaft dann gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann. Weitere gesetzliche Vorgaben zur Auslegung des Begriffs „Allgemeinheit“ bestehen derzeit nicht.

 

Die Änderung von § 52 Abs. 1 AO stellt ebenfalls eine Umsetzung der Rechtsgrundsätze aus dem Fall Stauffer (Urteil des EuGH vom 14. September 2006 - C 386/01) dar. Gemeinnützigkeitsrechtliche Fragen waren im Verfahren „Stauffer“ nur inzident angesprochen, denn der Bundesfinanzhof als vorlegendes Gericht hatte die klagende Stiftung auch nach deutschem Recht als gemeinnützig betrachtet, so dass die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG als erfüllt galten.

 

Dabei hatte der BFH die als Voraussetzung eines gemeinnützigen Zwecks nach § 52 AO notwendige „Förderung der Allgemeinheit“ so ausgelegt, dass darunter nicht nur die Bevölkerung Deutschlands, sondern auch anderer Staaten zu verstehen sei. An diese Auslegung war der EuGH gebunden. Demgemäß ging er davon aus, dass es sich um eine Stiftung handle, die sowohl in ihrem Herkunftsland Italien als auch in Deutschland gleichermaßen gemeinnützig sei und ihr Ziel in der Förderung identischer Interessen der Allgemeinheit bestehe, in Deutschland also allein wegen ihres ausländischen Sitzes benachteiligt werde.

 

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist § 52 AO schon in seiner bisherigen Fassung anders auszulegen. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben deshalb bereits mit BMF-Schreiben vom 20.9.2005 zu dem Vorlagebeschluss des BFH dargelegt, dass „Allgemeinheit“ im Sinne des § 52 AO die Bevölkerung Deutschlands bzw. ein Ausschnitt daraus sei. Die so verstandene „Förderung der Allgemeinheit“ könne auch dadurch bewirkt werden, dass eine inländische Körperschaft ihre gemeinnützigen Zwecke im Ausland verwirklicht, soweit dies positive Rückwirkungen auf das Ansehen Deutschlands und die deutsche Bevölkerung habe und der deutsche Staat mehr Steuermittel aufwenden müsste, wenn sich nicht inländische Organisationen engagierten (Beispiele: Entwicklungs- und Katastrophenhilfe). Eine solche Beschränkung der Steuerbegünstigung gemeinnütziger Zwecke auf die Förderung der deutschen Allgemeinheit rechtfertige sich aus dem besonderen Interesse, das der Staat an Gemeinwohlaufgaben habe, die er ansonsten selbst erfüllen oder für die er Mittel aufwenden müsste.

 

Mit der im Referentenentwurf vorgelegten Änderung wird der sog. „strukturelle Inlandsbezug“ nunmehr ausdrücklich gesetzlich in § 52 AO verankert. Der EuGH selbst hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass dies europarechtlich möglich sei. Nicht umgesetzt wurde hingegen eine Lösung, die ein „europäisches Gemeinwohl“ zugrunde legt, bei der eine Körperschaft ihre gemeinnützigen Zwecke auch im Gemeinschaftsgebiet verfolgen kann.

 

Im Referentenentwurf wird der Begriff der Allgemeinheit konkretisiert auf die Bevölkerung Deutschlands. Für eine Zweckverfolgung im Ausland – etwa im Rahmen der Entwicklungshilfe – fordert der vorgeschlagene zweite Satz nun ausdrücklich, dass die Tätigkeit der Körperschaft „… in nicht nur unbedeutendem Umfang auch der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland dient“.

 

Die genaue Auslegung des Begriffs „in nicht nur unbedeutendem Umfang“ könnte dabei zu Auslegungsfragen Anlass geben.

Trägt ein einzelnes lokales, finanziell begrenztes Entwicklungshilfeprojekt eines kleinen, ehrenamtlich tätigen Dritte-Welt-Vereins bereits „in nicht nur unbedeutendem Umfang“ dazu bei, das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zu fördern?

 

Auch der unbestimmte Rechtsbegriff „Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“ ist auslegungsbedürftig. Welches Ansehen soll hier maßgebend sein, das Ansehen im Ausland generell oder nur das Ansehen in dem Land, in dem die Hilfe geleistet wird? Hilfen, die in einem Land das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland fördern, können in einem anderen Land genau das Gegenteil bewirken (z.B. Israel / Palästina).

 

Ferner stellt sich die Frage, ob die Gemeinnützigkeit ex post aberkannt werden kann, wenn Hilfsprojekte zwar dem bisherigen deutschen Gemeinnützigkeitsrecht entsprochen haben, vor Ort jedoch aufgrund von unterschiedlichen Weltanschauungen, Werten oder Zielvorstellungen der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland faktisch nicht gedient haben. Nach welchen Kriterien und Werten soll festgestellt werden, was der „Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“ dient?

Nach Ansicht der in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege können hier letztendlich nur nationale Weltanschauungen und Werte zugrunde gelegt werden.

 

Die Beschränkung der Allgemeinheit auf „ … natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben“ hat ferner zur Folge, dass Hilfen zugunsten ausländischer Bürgerinnen und Bürger, auch wenn diese Hilfen in Deutschland geleistet werden, nur noch dann dem Allgemeinwohl dienen, wenn diese Hilfen „… in nicht nur unbedeutendem Umfang auch der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland im Ausland“ dienen. Dies könnte für einige Bereiche der Freien Wohlfahrtspflege in Frage gestellt werden (z.B. im Bereich der Flüchtlings- oder Obdachlosenhilfe). Menschen, die in Deutschland (noch) keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, können ggf. nicht mehr steuerbegünstigt unterstützt werden. Dies führt zu einer Einschränkung der steuerbegünstigten Bereiche, in letzter Konsequenz kann auch der Verlust der Gemeinnützigkeit die Folge sein.

 

Die BAGFW begrüßt grundsätzlich, dass durch eine Überarbeitung der Definition von gemeinnützigen Zwecken in § 52 AO das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht an die Anforderungen des EU-Rechts angepasst werden soll. Hierdurch wird der Fortbestand des Gemeinnützigkeitsrechts gesichert, auch wenn hierdurch eine grundlegende Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts durch die Schaffung eines „europäischen Gemeinwohls“ (noch) nicht erreicht wird.

 

Die im Referentenentwurf vorgelegte Ergänzung von § 52 Abs. 1 Satz 1 AO ist aber zu eng gefasst und kann im Einzelfall zu erheblichen Auslegungsdifferenzen führen. Die in der BAGFW zusammenarbeitenden Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege lehnen sie daher ab.

 

Die BAGFW schlägt stattdessen vor, § 52 Abs. 1 AO um folgenden, weiter gefassten Zusatz zu ergänzen:

 

„Die Allgemeinheit umfasst alle natürlichen Personen, die ihren Wohnort oder ihren Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Die Allgemeinheit wird auch gefördert, wenn die Tätigkeit der Körperschaft neben den in Absatz 2 genannten Zwecken geeignet ist, der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Bürgerinnen und Bürger zu dienen.“

 

Für die gemeinnützige Arbeit dürfte die Einführung dieser wenig greifbaren Rechtsbegriffe viele offene Fragen und dementsprechend Rechtsunsicherheit verursachen. Der Umfang der Förderung des Ansehens der BRD im Ausland ist nicht nur ein ganz und gar unbestimmter Begriff, sondern unterliegt auch einer in hohem Maße subjektiven Beurteilung. Daraus kann sich auch die Gefahr einer politischen Instrumentalisierung gemeinnützigen Handelns ergeben.

 

Daher sollte ergänzend – entweder im Gesetz (durch Verweis auf gemeinnützige Zwecke in § 52 Abs. 2 AO – z.B. Nr. 15 Entwicklungszusammenarbeit) oder im Anwendungserlass zur Abgabenordnung – ein nicht abgeschlossener Katalog von Tätigkeiten definiert werden, die objektiv geeignet sind, der Förderung des Ansehens zu dienen. Dadurch erhalten sowohl die gemeinnützigen Organisationen als auch die Finanzverwaltung mehr Rechtssicherheit.