Jahresbericht 2022 der EU-Vertretung in Brüssel

Das Jahr 2022 war aus europäischer Sicht, wie leider auch schon die letzten Jahre, durch viele Krisen geprägt: Neben dem in der Ukraine herrschenden Krieg und der dadurch ausgelösten Energiekrise wurden die Menschen immer noch mit den anhaltenden Nachwirkungen der Covid-19-Pandemie konfrontiert.

Im Bereich der Sozialpolitik wurden auf EU-Ebene aber trotz allen Herausforderungen wichtige Erfolge erzielt. So wurde in 2022 beispielsweise eine Richtlinie verabschiedet, mit der angemessene gesetzliche Mindestlöhne in der EU gefördert werden und auch die Europäische Pflegestrategie mit ihren Empfehlungen zur Langzeitpflege sowie zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung wurde durch die EU-Mitgliedsstaaten angenommen.

 

Die EU-Vertretung der Bundesarbeits-gemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) stand im Rahmen dieser und weiterer sozialpolitischen Entwicklungen stets mit einer Vielzahl von Vertreter:innen der EU-Institutionen in Kontakt. Bei der ganztägigen Veranstaltung im Rahmen der BAGFW-Mitgliederversammlung am 31. Mai 2022 in Brüssel, wurde u. a. mit Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, und der stellvertretenden Generaldirektorin für Migration und Inneres der EU-Kommission, Beate Gminder, über das neue EU-Migrations- und Asylpaket vor dem Hintergrund des bemerkenswerten Umgangs mit Geflüchteten aus der Ukraine diskutiert. Dabei konnte die BAGFW dank eines Positionspapiers gemeinsame Erwartungen der Freien Wohlfahrtspflege an das europäische Asylsystem vorstellen.

Über das Jahr verteilt beteiligte sich die EU-Vertretung an einer Vielzahl von Konsultationen der EU-Kommission, wie beispielsweise an der Weiterentwicklung des EU-Beihilfenrechts, welches für die Freie Wohlfahrtspflege von großer Bedeutung ist. Auf den Vorschlag des EU-Parlaments für eine Gesetzgebungsinitiative zu grenzüberschreitenden Tätigkeiten von Vereinen, den in EU-Kreisen sogenannte „Lagodinsky-Bericht“, wurde im Oktober 2022 mit einer ausführlichen Stellungnahme reagiert. Ebenso betonte die BAGFW in einer Konsultation der EU-Kommission zur europäischen Sozialwirtschaft die entscheidende Rolle der Freien Wohlfahrtspflege für die Erbringung sozialer Dienstleistungen.

Am 28. September 2022 veröffentlichte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Ratsempfehlung für ein angemessenes Mindesteinkommen zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion. Die BAGFW veröffentlichte zu diesem Vorschlag im November eine Stellungnahme. Auch die Verhandlungen des Vorschlags wurden von der BAGFW kontinuierlich begleitet. Einen Tag vor Abschluss der Verhandlungen im Rat der EU für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) wiederholte die BAGFW ihre Forderung nach einer armutsfesten Existenzsicherung in der gesamten EU in einer Pressemeldung. Insbesondere plädierte die BAGFW dafür rechtsverbindliche Regelungen zum Mindesteinkommen zu schaffen: Aufbauend auf der Ratsempfehlung sei eine EU-Rahmenrichtlinie anzustreben.

Im Jahr 2023 blickt die EU-Vertretung der BAGFW gespannt auf die kommenden sozialpolitischen Entwicklungen, sowohl auf EU-Ebene, als auch innerhalb der 27 Mitgliedsstaaten. Obwohl es manchmal so scheint als würde der soziale Fortschritt nur schleichend vorangehen, sind die Erfolge der EU in der Sozialpolitik des letzten Jahres ein deutliches Zeichen dafür, dass ein soziales Europa möglich ist. Die Europäische Säule sozialer Rechte muss in den kommenden Jahren weiter national umgesetzt werden, um soziale Rechte in allen EU-Staaten zu garantieren.